§§ 99, 104 ZPO; § 11 RPflG
Leitsatz
- Gegen die Kostenentscheidung eines Rechtspflegers ist ungeachtet der Vorschrift des § 99 Abs. 1 ZPO stets die Erinnerung gegeben.
- Tritt im Kostenfestsetzungsverfahren der Erinnerungs- oder Beschwerdegegner der Erinnerung oder der Beschwerde nicht entgegen und beteiligt er sich auch nicht am Verfahren, dürfen ihm auch nicht die Kosten des Erinnerungs- oder des Beschwerdeführers auferlegt werden.
LG Koblenz, Beschl. v. 1.2.2023 – 10 O 99/10
I. Sachverhalt
Der beigeordnete Rechtsanwalt hatte nach Abschluss des Verfahrens im eigenen Namen gem. § 126 ZPO die Festsetzung seiner Vergütung gegen die anteilig in die Kosten verurteilte Beklagte beantragt. Dabei meldete er die bei ihm angefallenen Wahlanwaltsgebühren an und schränkte seinen Antrag dahingehend ein:
Zitat
"Die aus der Landeskasse gezahlte Vergütung bitte ich, in Abzug zu bringen".
Daraufhin erließ die Rechtspflegerin einen Kostenfestsetzungsbeschluss, in dem sie anteilig übergegangene PKH-Vergütung i.H.v. 1.019,10 EUR absetzte.
Hiergegen wandte sich der beigeordnete Rechtsanwalt mit der sofortigen Beschwerde und wandte ein, dass die Landeskasse die Vorschrift des § 59 Abs. 2 RVG übersehen habe. Ein Anspruchsübergang auf die Landeskasse finde nämlich erst dann statt, wenn der beigeordnete Anwalt die gesamte Wahlanwaltsvergütung erhalten habe. Die Summe der PKH-Vergütung und der anteilig zu erstattenden Wahlanwaltsgebühren erreiche diese Summe aber nicht.
Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde abgeholfen und die angemeldeten Kosten in voller Höhe ohne Abzug der PKH-Vergütung festgesetzt.
Von der Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf die Beschwerdegegnerin hat die Rechtspflegerin allerdings abgesehen, da diese der Beschwerde nicht entgegengetreten sei.
Gegen diese Entscheidung hat der beigeordnete Rechtsanwalt sodann "Rechtsmittel" eingelegt, soweit von der Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf die unterlegene Partei abgesehen worden ist. Er vertritt die Auffassung, dass sich die Kostenentscheidung nach § 91 ZPO zu richten habe. Es sei allgemeines Lebensrisiko einer Prozesspartei, die Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels der Gegenseite tragen zu müssen.
Der Beschwerdegegner hat eingewandt das isolierte Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung sei nach § 99 Abs. 2 ZPO unzulässig.
Die Rechtspflegerin hat die Eingabe als Erinnerung behandelt und ihr nicht abgeholfen. Das LG hat die Erinnerung als zulässig angesehen, sie aber als unbegründet zurückgewiesen.
II. Isolierte Anfechtung möglich
Die isolierte Erinnerung gegen die Kostenentscheidung im Kostenfestsetzungsbeschlusses ist zulässig. Der Statthaftigkeit steht § 99 Abs. 1 ZPO nicht entgegen. Nach § 99 Abs. 1 ZPO sind Kostenentscheidungen zwar grds. nicht isoliert anfechtbar. Dies gilt jedoch nach Sinn und Zweck nur für richterliche Entscheidungen, nicht für solche des Rechtspflegers (OLG Brandenburg NJW-RR 2000, 1593). Der Richter kann die Kostenentscheidung eines Rechtspflegers trotz § 99 Abs. 1 ZPO sachlich überprüfen (OLG Koblenz Rpfleger 1992, 242 = JurBüro 1992, 493).
III. Keine Kostenentscheidung geboten
In der Sache hat die Erinnerung jedoch keinen Erfolg, da die Kostenentscheidung nicht zu beanstanden ist. Die Kammer schließt sich insoweit der Rspr. des OLG Koblenz (Beschl. v. 12.9.1983 – 14 W 46/83; Beschl. v. 3.7.1989 – 14 W 457/89; ebenso auch FG Dessau-Roßlau EFG 2010, 1923 = StE 2010, 651) an, da im hiesigen Fall zu berücksichtigen ist, dass der Gegner keine Veranlassung für die gerichtliche Tätigkeit gegeben hat. Zudem hat die Rechtspflegerin den ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss auf die Erinnerung sofort abgeändert.
Die erste fehlerhafte Abrechnung der PKH-Vergütung war nicht auf ein Handeln der Beklagten zurückzuführen. Sie hat keine Veranlassung hierzu gegeben, was sich in den allgemeinen Kostenvorschriften, auch im Rechtsgedanken des § 93 ZPO widerspiegelt. Vielmehr lag die fehlerhafte Anwendung in der Sphäre des Gerichts und des Erinnerungsführers. Der Erinnerungsführer hatte in seinem Kostenfestsetzungsantrag selbst darum gebeten, die aus der Landeskasse gezahlte Vergütung in Abzug zu bringen. Dies hat die Rechtspflegerin sodann vorgenommen, ohne jedoch zu beachten, dass die Zahlung aus der Staatskasse zunächst auf diejenigen Kosten verrechnen ist, für die die Gegenpartei nicht haftet. Hierzu hatte sich der Klägervertreter in seinem Kostenfestsetzungsantrag nicht erklärt. In einem solchen Fall erscheint es nicht gerechtfertigt, dem völlig unbeteiligten Gegner, der weder Veranlassung gegeben hat noch der Beschwerde entgegengetreten ist, die Kosten aufzuerlegen.
IV. Isolierte Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung des Rechtspflegers
Die Entscheidung ist zutreffend, soweit die Statthaftigkeit der Erinnerung bejaht worden ist. Die Vorschrift des § 99 Abs. 1 ZPO steht einer Erinnerung gegen die Kostenentscheidung des Rechtspflegers nicht entgegen.
V. Kostenentscheidung ist immer geboten
In der Sache ist die Entscheidung jedoch unzutreffend. Zugrunde lag ein sofortiges Beschwerdeverfahren nach der ZPO (§§ 126, 104 Abs. 3, 567 ZPO). In diesem Verfahren ist gem. § 308 Abs. 2 ZPO zwingend über die Kosten zu entscheiden, und zwa...