Ich muss bei solchen Ausführungen immer darauf achten, dass ich bei meinen Anmerkungen nicht über das Ziel hinausschieße und muss mich mäßigen. So auch hier.
1. Mittelgebühr
In meinen Augen die pure Ignoranz der vorliegenden Rspr. zu § 14 RVG im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren, die von der Rspr. des LG Osnabrück abweicht (vgl. die Nachw. bei Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Vorbem. 5 VV Rn 54 ff.). Darauf geht das LG mit keinem Wort ein, sondern führt nur seine st. – falsche – Rspr. an und uralte andere Entscheidungen, die "in den Kram passen." Das ist sicherlich einfacher als sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob nicht in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren immer von der Mittelgebühr als angemessener Gebühr auszugehen ist. Aber: Man wird der Sache damit nicht gerecht und vertut mal wieder eine Chance, zur besseren Einsicht zu gelangen und auch im LG-Bezirk Osnabrück endlich für angemessene Gebühren zu sorgen.
2. Keine ausreichende Würdigung der Verfahrenskriterien
Zudem werden m.E. die Umstände/Kriterien des Verfahrens nicht angemessen gewürdigt.
Wenn man dann liest, wie einfach Bußgeldverfahren sind und was der Verteidiger offenbar alles tun muss, um zumindest in den Genuss der Mittelgebühr zu kommen, ist man dann doch erstaunt. Die vom LG dargestellten Umstände des Verfahrens sprechen sicherlich nicht für ein Überschreiten der Mittelgebühr, aber mit Sicherheit auch nicht für ein Unterschreiten in dem Umfang, wie es hier das LG als angemessen ansieht. Die Verteidigerin hat zur Vorbereitung der Hauptverhandlung umfassend Stellung genommen, was dann ja auch wohl zu dem Sachverständigengutachten geführt hat. Und warum ein Bußgeldverfahren, in dem ein Sachverständigengutachten notwendig ist, einfach sein soll, bleibt das Geheimnis des LG Osnabrück. Mir erschließt sich das nicht.
Dasselbe gilt für die Terminsgebühr. Eine Terminsgebühr von 130,00 EUR für einen 15 Minuten dauernden Termin ist ein Schlag ins Gesicht der Verteidigerin. "Kostenstruktur und Kostendeckungsgrad des Anwalts" hin oder her. Das ist nicht "angemessen", sondern "unangemessen". Man fragt sich auch, in welcher Welt eigentlich Bezirksrevisoren leben, um solche Gebührenhöhen vorschlagen zu können. Und dann gibt es natürlich auch Amtsrichter und Kammern, die gern auf diesen Zug aufzuspringen scheinen. Es ist ja so einfach, wenn es nicht um das eigene Geld geht.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 7/2024, S. 309 - 311