1. Lösung zu Fall 1
Zunächst hat der Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt A in dem Kostenfestsetzungsantrag gem. § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft zu machen, dass ihm die geltend gemachten Gebühren und Auslagen einschließlich der Umsatzsteuer angefallen sind. Im Regelfall bedarf es einer besonderen Glaubhaftmachung nicht, weil der Anfall sich aus den Gerichtakten ergibt. Hinsichtlich der auf die Gebühren und sonstigen Auslagen berechneten Umsatzsteuer ergibt sich der Anfall aus dem Gesetz, nämlich aus Nr. 7008 VV und § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3a Abs. 1 UStG. Allenfalls ist eine Glaubhaftmachung dann erforderlich, wenn der erstattungspflichtige Gegner behauptet, bei dem Rechtsanwalt der obsiegenden Partei bleibe die Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG (Kleinunternehmerregelung) unerhoben (s. Anm. zu Nr. 7008 VV). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Ferner hat Rechtsanwalt A für seinen Mandanten gem. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO die Erklärung abzugeben, dass der Mandant die Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen kann. Die vielfach in der Praxis verwendete Formulierung, der Mandant sei zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt, ist also so nicht ganz zutreffend.
2. Lösung zu Fall 2
Der Rechtspfleger hat die Richtigkeit der nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO abgegebenen Erklärung grds. nicht zu prüfen. Nur wenn die Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO offensichtlich unrichtig ist oder deren Richtigkeit von dem erstattungspflichtigen Gegner widerlegt worden ist, ist die Erklärung nicht zu berücksichtigen. In einem solchen Ausnahmefall ist die Umsatzsteuer dann nicht festzusetzen.
Da hier der Beklagte die Unrichtigkeit der Erklärung nicht hinreichend vorgetragen und schon gar nicht glaubhaft gemacht hat und aus den Gerichtsakten und sonstigen Umständen auch nicht ersichtlich ist, dass die Erklärung offensichtlich unrichtig ist, wird der Rechtspfleger die Umsatzsteuer festsetzen.
3. Lösung zu Fall 3
Entgegen einer auch von manchen Gerichten vertretenen Auffassung entbindet die vorliegende Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO den Rechtspfleger nicht von der Prüfung, ob die geltend gemachte Umsatzsteuer in der beantragten Höhe auch angefallen ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut und aus dem Umstand, dass eine dem Rechtsanwalt der erstattungsberechtigten Partei gar nicht angefallene Umsatzsteuer schlechthin nicht zum Vorsteuerabzug verwendet werden kann. Ist somit die Umsatzsteuer gar nicht entstanden, läuft die Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO ins Leere.
Folglich hat der Rechtspfleger zu prüfen, ob die geltend gemachte deutsche Umsatzsteuer i.H.v. 19 % dem Rechtsanwalt A überhaupt angefallen ist. Dabei wird der Rechtspfleger die Regelung in § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG in den Blick nehmen, wonach der Ort der Liegenschaft, der hier in Spanien liegt, maßgeblich ist, wenn die Leistung des Rechtsanwalts A im Zusammenhang mit einem Grundstück steht, was hier der Fall ist. Damit ist die Leistung des Rechtsanwalts nach deutschem Recht umsatzsteuerfrei. Die in dem Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachte deutsche Umsatzsteuer ist somit ungeachtet der gem. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO abgegebenen Erklärung nicht festzusetzen.
4. Lösung zu Fall 4
Auch hier enthebt die von Rechtsanwalt A für seinen Mandanten K nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO abgegebene Erklärung den Rechtspfleger nicht von der Prüfung, ob die geltend gemachte Umsatzsteuer entstanden ist. Ein kurzer Blick in § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG gibt dem Rechtspfleger Gewissheit darüber, dass die Leistung des Rechtsanwalts A nicht nach deutschem Recht umsatzsteuerpflichtig ist. Da Rechtsanwalt A Umsatzsteuer nach spanischem Recht geltend gemacht hat und der Rechtspfleger das maßgebliche spanische Recht nicht kennen muss und auch nicht zu ermitteln hat, muss K den Anfall und die Höhe der geltend gemachten Umsatzsteuer gem. § 104 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 294 ZPO darlegen und glaubhaft machen.
Der Rechtspfleger wird dies dem Rechtsanwalt A aufgeben. Gelingt dies dem Rechtsanwalt und hat der Beklagte nicht seinerseits glaubhaft gemacht, dass die geltend gemachte spanische Umsatzsteuer nicht – wie beantragt – angefallen ist, ist die Vergütung mit der spanischen Umsatzsteuer festzusetzen. Anderenfalls ist der Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der Umsatzsteuer zurückzuweisen.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 7/2024, S. 306 - 307