§ 23 Abs. 2, 3 RVG; § 890 ZPO
Leitsatz
Der Gegenstandswert in einem Verfahren über die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ordnungsgeldantrags ist mit dem vollen Wert der Hauptsache anzusetzen.
BGH, Beschl. v. 3.6.2024 – I ZB 42/23
I. Sachverhalt
Die Gläubigerin hatte gegen die Schuldnerin eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung beantragt. Das LG hat die einstweilige Verfügung erlassen und den Streitwert auf 24.000,00 EUR festgesetzt. Später hat die Gläubigerin geltend gemacht, die Schuldnerin habe gegen die einstweilige Verfügung verstoßen und hat gem. § 890 ZPO die Verhängung eines Ordnungsgelds beantragt. Das LG hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Beschwerde zum OLG hatte keinen Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde hin hat der BGH die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen. Den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der BGH auf Antrag der Gläubigerin gem. § 33 RVG auf 24.000,00 EUR festgesetzt.
II. Zuständigkeit des Einzelrichters
Über einen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG, den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit festzusetzen, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder es – wie hier – an einem solchen Wert fehlt, hat auch beim BGH nach § 1 Abs. 3, § 33 Abs. 8 S. 1 Hs. 1 RVG grds. die Einzelrichterin zu entscheiden (vgl. BGH NJW 2021, 3191 = AGS 2021, 471).
III. Hauptsachewert ist maßgebend
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren wird nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Werts der Hauptsache auf 24.000,00 EUR festgesetzt (§ 23 Abs. 2 S. 1 und 2, Abs. 3 S. 2 RVG).
IV. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung ist zutreffend. In einem Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem BGH werden keine wertabhängigen Gebühren erhoben. Die Gebühren des Anwalts berechnen sich dagegen gem. § 2 Abs. 1 RVG nach dem Gegenstandswert, sodass insoweit eine gesonderte Festsetzung nach § 33 RVG vorzunehmen ist.
Umstritten ist in Ordnungsgeldverfahren, ob der volle Wert der Hauptsache anzusetzen ist oder nur ein Bruchteil. Mit dieser Frage hatte der BGH sich nicht unmittelbar zu befassen, da es hier nicht um ein Ordnungsgeldverfahren ging, sondern um ein Beschwerdeverfahren. Der BGH hat jedoch bereits für das Beschwerdeverfahren den vollen Hauptsachewert angesetzt. Daraus folgt inzidenter, dass der BGH auch davon ausgeht, dass im Ordnungsgeldverfahren der volle Wert der Hauptsache anzusetzen ist. Das Interesse der Beschwerde kann ja nicht höher liegen als das Interesse der Vorinstanz. Abgesehen davon stünde § 40 Abs. 2 GKG dem entgegen, der über § 23 Abs. 1 S. 2 RVG entsprechend anzuwenden ist. Mit dieser Entscheidung dürfte wohl der Gegenauffassung, die in einem Ordnungsgeldverfahren lediglich einen Bruchteil der Hauptsache ansetzen will, der Boden entzogen sein.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 7/2024, S. 330 - 331