Klein, aber fein ist die Entscheidung des AG, zu der Folgendes anzumerken ist.
1. Doppelte Grundgebühr
Zutreffend sind die Ausführungen des AG zur doppelten Grundgebühr nach dem Anwaltswechsel. Es ist zutreffend, dass doppelte Gebühren nur erstattet werden, wenn ein Anwaltswechsel notwendig war. Daran stellt die Rspr. hohe Anforderungen (dazu Burhoff/Volpert/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Teil A Rn 1406 ff. m.w.N.).
2. Private Sachverständigenkosten
Auch die Begründung des AG zur Höhe der geltend gemachten Aufwendungen ist zutreffend.
a) Insoweit ist allerdings anzumerken, dass die Ausführungen des AG in Zusammenhang mit der zitierten Entscheidung des LG Konstanz m.E. mit der Höhe der Erstattung für einen privaten Sachverständigen nichts zu tun haben. Die angesprochen Fragen sind vielmehr in Zusammenhang mit der Frage nach dem Grunde der Erstattung zu stellen und zu beantworten. Sie gehen offenbar zurück auf die Rspr. der (Ober-)Gerichte, wonach die Aufwendungen für ein privates Sachverständigengutachten nur erstattungsfähig sind, wenn die Beweisaufnahme durch entsprechende Beweisanträge beim Gericht "vorbereitet" worden ist. Ob das zutreffend ist, soll hier dahin gestellt bleiben (wegen der Einzelheiten und weiterer Rspr. Burhoff, AGS 2023, 193), da das AG auf diese – unzutreffende – Ansicht nicht abgestellt hat (vgl. auch noch Burhoff/Volpert/Burhoff/Volpert, a.a.O., Teil A Rn 1432 ff.).
b) Die Ausführungen des AG sind i.Ü. aber nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Frage der angemessenen Höhe der Kosten für einen Privatgutachter werden von der Rspr. die Sätze des JVEG nicht unmittelbar herangezogen, da das JVEG lediglich das dem gerichtlichen Sachverständigen zustehende Honorar regelt. Auch eine entsprechende Anwendung kommt nicht in Betracht, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass es einer Partei in der Regel möglich sein wird, einen geeigneten Sachverständigen zu den im JVEG vorgesehenen Vergütungssätzen zu gewinnen (vgl. z.B. BGH NJW 2007, 1532 = RVGreport 2007, 279 = JurBüro 2007, 317; LG Oldenburg AGS 2019, 94 = JurBüro 2019, 309; LG Wuppertal RVGreport 2018, 223 = VRR 8/2018, 17 = StRR 12/2018, Sonderausgabe, 7), was hier, wie der Rechtsanwalt vorgetragen und nachgewiesen (!) hat, der Fall war. Die erstattungsfähige Höhe der Sachverständigenkosten begrenzt die Rspr. aber häufig durch die Sätze des JVEG (LG Dresden, Beschl. v. 7.10.2009 – 5 Qs 73/09; LG Wuppertal AGS 2016, 38 = DAR 2016, 237; anders aber RVGreport 2018, 223 = VRR 8/2018, 17 = Sonderausgabe StRR 12/2018, 7) bzw. die Sätze des JVEG werden als Richtlinie herangezogen, auf deren Grundlage der mit dem Sachverständigen vereinbarte Stundensatz einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen ist (KG StraFo 2012, 380 = RVGreport 2012, 429 = StRR 2012, 236 m. krit. Anm. Burhoff; LG Oldenburg, a.a.O.; vgl. auch LG Wuppertal, jeweils a.a.O.). Weichen die Stundensätze des Privatgutachters ganz erheblich von den im JVEG vorgesehenen Sätzen ab, so bedarf es einer besonderen Darlegung ihrer Notwendigkeit (BGH, a.a.O.; LG Wuppertal, a.a.O.).
Und dann kann man darum streiten, was eine "ganz erhebliche Abweichung" ist. Die Rspr. ist zum Teil von 20 % ausgegangen und hat bei einem Abweichen um mehr als 20 % vom Stundensatz der einschlägigen Honorargruppe des JVEG für die Plausibilitätsprüfung eine besondere Darlegungspflicht angenommen (KG, a.a.O.; LG Berlin, Beschl. v. 5.3.2018 – 534 Qs 21/18; vgl. auch LG Oldenburg, a.a.O.). Hier hat das AG eine Abweichung von 24 % nicht beanstandet, was m.E. zutreffend ist.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 7/2024, S. 321 - 322