§ 42 Abs. 1 FamGKG; § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Leitsatz
Der Wert eines Verfahrens auf Zustimmung zum sogenannten Realsplitting berechnet sich nach der vom Antragsgegner erwarteten voraussichtlichen Steuerersparnis abzüglich des an den anderen Ehepartner auszugleichenden steuerlichen Nachteils.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.3.2024 – 20 WF 18/24
I. Sachverhalt
Der Antragsteller hatte von der Antragsgegnerin im vorbenannten Verfahren vor dem FamG die Zustimmung zur Durchführung des begrenzten Realsplittings für den Veranlagungszeitraum 2020 begehrt. Das Verfahren ist durch folgenden Vergleich beendet worden:
Zitat
“1. Die Antragsgegnerin stimmt der Durchführung des begrenzten Realsplittings für den Zeitraum von 1.1.2020 bis 31.8.2020 zu.
2. Der Antragsteller verpflichtet sich, sämtliche Nachteile und Kosten, die der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Durchführung des begrenzten Realsplittings entstanden sind oder entstehen, zu erstatten.
3. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass für das Jahr 2020 Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt 13.500,00 EUR (1.500,00 EUR x 9) zur Durchführung des begrenzten Realsplittings erklärt werden sollen.
4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.
5. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
Das FamG hatte hiernach den Verfahrenswert zunächst auf 13.805,00 EUR und später auf Beschwerde der Antragsgegnerin hin mit Abhilfebeschluss auf 5.495,85 EUR festgesetzt. Dagegen hat wiederum die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, der Verfahrenswert bestimme sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers. Der steuerliche Vorteil des Antragstellers sei um den der Antragsgegnerin zu leistenden Nachteilsausgleich zu verringern. Der Antragsteller erhalte durch die Regelung einen wirtschaftlichen Vorteil von 5.495,85 EUR, dem ein von ihm zu ersetzender Nachteil der Antragsgegnerin, bestehend aus Steuernachteil und Steuerberaterkosten, i.H.v. 5.086,44 EUR gegenüberstünde. Daher sei der Verfahrenswert auf 409,41 EUR festzusetzen.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers ist der Beschwerde entgegengetreten. Er trägt vor, die finanziellen Nachteile der Antragsgegnerin i.H.v. 5.086,44 EUR seien nicht nachvollziehbar "aus der Luft gegriffen".
Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Beschwerdegericht vorgelegt. Zur Begründung hat das FamG ausgeführt, der Verfahrenswert bemesse sich nach dem Interesse des Antragstellers ungemindert um steuerliche oder sonstige Nachteile der Antragsgegnerin.
Das OLG hat den Verfahrenswert auf 409,41 EUR herabgesetzt.
II. Maßgebend ist § 42 Abs. 1 FamGKG
Die Festsetzung des Verfahrenswertes bei einem Antrag auf Zustimmung zum Realsplitting bemisst sich – mangels anderweitig einschlägiger Wertvorschriften – nach § 42 Abs. 1 FamGKG (Musielak/Voit/Heinrich, 20. Aufl., 2023, ZPO § 3 Rn 36; OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.4.2016 – 5 WF 287/15, BeckRS 2016, 6612 Rn 2). Das Gericht setzt den Wert nach billigem Ermessen fest, wobei es den zu erwartenden Steuervorteil auf Seiten des Antragstellers abzgl. der zu erwartenden steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteile auf Antragsgegnerseite zugrunde legt (OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.5.2017 – 2 WF 85/17, BeckRS 2017, 112519 Rn 10 = AGS 2017, 470; OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.1.2017 – 10 WF 126/16, BeckRS 2017, 118525 Rn 4 = AGS 2017, 469; Mayer/Kroiß/Ebert, RVG, 8. Aufl., 2021, IV. Rn 134). Maßgeblich für die Wertfestsetzung ist in Antragsverfahren nach § 34 S. 1 FamGKG der Zeitpunkt der den jeweiligen Verfahrensgegenstand betreffenden ersten Antragstellung in dem jeweiligen Rechtszug (vgl. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.9.2018 – 8 WF 131/18, BeckRS 2018, 27165 Rn 8 = AGS 2018, 513). Bei unverändertem Verfahrensgegenstand bleiben werterhöhende oder wertmindernde Umstände, die erst nach der ersten Antragstellung eintreten, unberücksichtigt (BGH, Beschl. v. 30.7.1998 – III ZR 56/98, BeckRS 1998, 30020857 = AGS 1999, 13). Dadurch soll eine (mehrfache) Neuberechnung des Verfahrenswertes vermieden werden (Binz/Dörndorfer/Zimmermann/Dörndorfer, 5. Aufl., 2021, FamGKG § 34 Rn 1).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Verfahrenswert auf 409,41 EUR festzusetzen.
III. Abzustellen ist auf den Steuervorteil abzüglich auszugleichender Nachteile
In Ausübung seines billigen Ermessens hat das Gericht sich von folgenden Erwägungen leiten lassen: Abzustellen für die Wertfestsetzung ist auf den im Zeitpunkt der Antragseinreichung vom Antragsteller erwarteten Steuervorteil abzgl. der prognostiziert zu ersetzenden Nachteile auf Seiten der Antragsgegnerin. Bei durchgeführtem Realsplitting ergibt sich für den Antragsteller – soweit unstreitig – ein Steuervorteil von 5.495,85 EUR. Der Antragsgegnerin sind steuerliche Nachteile i.H.v. 3.540,08 EUR entstanden. Der Betrag setzt sich zusammen aus der entgangenen Steuerrückerstattung i.H.v. 1.299,20 EUR sowie der nunmehr zu entrichtenden Nachzahlung i.H.v. 2.240,88 EUR. Als Steuerberatungskosten sind 1.546,36 EUR angefallen. Insgesamt errechnet sich der Betrag von 5.086,44 EUR. Die Antragsgegnerin hat den Betrag – durch Vorlage der Berechnung einer Steuerberaterka...