1. Erstinstanzliche Verfahren
Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und das Hauptsacheverfahren stellen gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten dar (§ 17 Nr. 4 Buchst. b RVG). Der Anwalt erhält deshalb für beide Verfahren eine gesonderte Vergütung. Eine Anrechnungsvorschrift besteht nicht.
Verfahrenskostenhilfe muss für das einstweilige Anordnungs- und Hauptsacheverfahren gesondert beantragt und bewilligt werden.
Für das einstweilige Anordnungsverfahren entstehen dieselben Gebühren wie im Hauptsachverfahren, so dass die Nrn. 3100 ff. VV gelten. Im Gegensatz zu den Gerichtskosten kommt es für die Gebühren nicht darauf an, ob es sich um eine Kindschaftssache oder eine andere Familiensache handelt. Lediglich für die Unterbringungssachen gelten andere Gebühren (s. u. II. 3.).
In dem einstweiligen Anordnungsverfahren entsteht neben der 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) auch eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV).
Auch wenn das FamG aufgrund der Regelung des § 51 Abs. 2 S. 2 FamFG über die einstweilige Anordnung (zunächst) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, handelt es sich um ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung. Nach der Rspr. des BGH sind Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung nicht nur solche, in denen von vornherein mündlich verhandelt werden muss, sondern auch solche, in denen eine mündliche Verhandlung für den Fall vorgeschrieben ist, dass eine Partei sie beantragt. Daher kann eine fiktive Terminsgebühr gem. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch in einem Verfahren der einstweiligen Anordnung gem. § 49 FamFG anfallen.
Beispiel 5
Beantragt wird der Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung von Unterhalt. Das Gericht erlässt daraufhin nach mündlicher Verhandlung die einstweilige Anordnung. Der Wert wird auf 2.100,00 EUR festgesetzt.
Später wird das Hauptsacheverfahren wegen Unterhalts anhängig. Auch hier findet eine mündliche Verhandlung statt. Der Wert für das Hauptsacheverfahren wird auf 4.200,00 EUR festgesetzt.
Es ist folgende Anwaltsvergütung entstanden:
I. Einstweiliges Anordnungsverfahren |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
261,30 EUR |
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(Wert: 2.100,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
241,20 EUR |
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(Wert: 2.100,00 EUR) |
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3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
99,28 EUR |
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Gesamt |
621,78 EUR |
II. Hauptsacheverfahren |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
393,90 EUR |
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(Wert: 4.200,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
363,60 EUR |
|
(Wert: 4.200,00 EUR) |
|
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
147,73 EUR |
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Gesamt |
925,23EUR |
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Gesamt I. + II. |
1.547,01 EUR |
Beispiel 6
Beantragt wird der Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung von Unterhalt.
a) Das Gericht erlässt die einstweilige Anordnung ohne mündliche Verhandlung.
b) Die Anwälte schließen einen schriftlichen Vergleich.
c) Der Antragsgegner erkennt die einstweilige Anordnung an.
Im Fall a) ist keine Terminsgebühr entstanden. Zwar ist eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben (s.o.); jedoch bedarf die Entscheidung des Gerichts nicht der Zustimmung der Beteiligten, so dass die Voraussetzungen der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV nicht vorliegen.
Im Fall b) und c) entsteht dagegen auch eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV.
2. Beschwerdeverfahren
Für die Beschwerde gegen die im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene Endentscheidung gelten die Nrn. 3200 ff. VV, wenn sich die Beschwerde gegen den Hauptgegenstand (des einstweiligen Anordnungsverfahrens) richtet und nicht bloße Nebenentscheidungen angegriffen werden (Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b VV).
Beispiel 7
Gegen die Endentscheidung des FamG, mit der einstweilige Anordnung wegen Umgangsrechts angeordnet war, wird Beschwerde eingelegt. Das OLG entscheidet hierüber nach mündlicher Verhandlung. Der Wert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Es ist folgende Anwaltsvergütung entstanden:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
261,30 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
241,20 EUR |
|
(Wert: 3.000,00 EUR) |
|
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
99,28 EUR |
|
Gesamt |
621,78 EUR |
3. Unterbringung von Minderjährigen
Eine Besonderheit gilt für einstweilige Anordnungen in Kindschaftssachen nach § 151 Nrn. 6, 7 FamFG wegen der Unterbringung von Minderjährigen. Für diese Verfahren gelten die Nrn. 6300 ff. VV. Es fallen eine Verfahrensgebühr nach Nr. 6300 VV und eine Terminsgebühr nach Nr. 6301 VV an, die jeweils mit einem Betragsrahmen von 40,00 bis 470,00 EUR entstehen. Die konkrete Gebührenhöhe ist nach § 14 Abs. 1 RVG zu ermitteln, die Mittelgebühr beträgt jeweils 255,00 EUR.
Die Terminsgebühr entsteht nur für die Teilnahme an gerichtl...