I. Zu § 15 Abs. 5 RVG

In seiner Entscheidung vom 11.8.2010 (XII ZB 60/08, AGS 2010, 477) ist der BGH davon ausgegangen, dass ein "neuer Auftrag" erteilt werden müsse. Dies ist jedoch unzutreffend und würde zu einem Zirkelschluss führen, weil § 15 Abs. 5 S. 2 RVG dann streng genommen nie anwendbar wäre. Die ganz überwiegende Auffassung in der Literatur wendet § 15 Abs. 5 S. 2 RVG dergestalt an, dass die Angelegenheit aus Sicht des Anwalts und des Mandanten erledigt ist. Der 5. Senat neigt letztlich auch zu dieser Auffassung, ohne dies hier jedoch entscheiden zu müssen, da er jedenfalls vor einer analogen Anwendung des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG ausgeht. Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber diese Unklarheiten im Rahmen des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG durch eine sprachliche Änderung des Gesetzestextes beseitigen würde. Dabei würde sich eine Anknüpfung an § 8 RVG anbieten. Dort wird nämlich der Erledigungsbegriff anders gesehen.

II. Zum Übergangsrecht

Unzutreffend ist die Entscheidung allerdings hinsichtlich der Anwendung des alten Gebührenrechts. Geht man davon aus, dass eine neue Angelegenheit vorliegt, dann ist auch zwingend neues Recht anzuwenden. Die Übergangsvorschrift des § 61 RVG stellt auf den unbedingten Auftrag zur neuen Angelegenheit ab. Geht man davon aus, dass hier eine neue Angelegenheit vorliegt – davon ist der BGH hier ausgegangen –, dann muss zwangsläufig für diesen fingierten neuen Auftrag auch neues Recht gelten. Selbst wenn der Auftrag früher erteilt worden wäre, würde es sich nur um einen bedingten Auftrag zu weiterer Tätigkeit im Falle eines Einspruchs handeln, so dass neues Recht anzuwenden wäre.

Norbert Schneider

AGS, S. 373 - 376

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