RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, Nr. 3104

Leitsatz

  1. Gemäß Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV löst ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung keine Terminsgebühr aus. Vielmehr muss es sich um eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung handeln. Auch ein Telefonat des Beklagtenvertreters lediglich zur Klärung der Frage, ob ein Antrag, eine Klage oder ein Rechtsmittel "einseitig" zurückgenommen werde, löst die Terminsgebühr nicht aus.
  2. Mit der Regelung in Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV soll das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung – auch zur Entlastung der Gerichte – gefördert werden.
  3. Verweigert der Gegner von vornherein entweder ein sachbezogenes Gespräch oder eine gütliche Einigung, kommt eine Besprechung bereits im Ansatz nicht zustande. Gleiches gilt für die bloße Mitteilung einer nicht zustimmungsbedürftigen Prozesshandlung aus Gründen der Kollegialität.
  4. Die positive Kenntnisnahme und Prüfung eines Vorschlages sind die Mindestvoraussetzungen zur Entstehung einer Terminsgebühr für außergerichtliche Besprechungen. Sofern eine Prüfung jedoch unnötig ist oder denknotwendig ausscheidet, bspw. wenn eine Zustimmung zur beabsichtigten Prozessbeendigung nicht erforderlich ist, handelt es sich nicht um eine Besprechung i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV.

LG Stuttgart, Beschl. v. 17.7.2018 – 19 T 48/18

1 Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten war vor dem AG ein Zivilrechtsstreit anhängig.

Mit Schriftsatz vom 12.9.2017 nahm die Klägervertreterin die Klage zurück und beantragte, den Beklagten die Kosten der Säumnis aufzuerlegen. Nach Stellungnahmen der Beklagten legte das AG der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf und setzte den Streitwert auf 22.000,00 EUR fest.

Hiernach beantragte die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1) die Festsetzung von Kosten i.H.v. 2.231,25 EUR. Hierin enthalten war eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) i.H.v. 890,40 EUR. Die Klägervertreterin rügte den Ansatz dieser Terminsgebühr und beantragte, lediglich 1.171,67 EUR festzusetzen. Die Beklagtenvertreterin zu 1) führte hierzu aus, dass die Klägervertreterin bei ihr angerufen habe und ihr mitgeteilt habe, dass sie den Auftrag habe, die Klage zurückzunehmen. Dieser Anruf sei eine außergerichtliche Besprechung zur Beilegung des Rechtsstreits gewesen, weshalb der Ansatz einer Terminsgebühr gerechtfertigt sei.

Die Klägervertreterin teilte mit, dass sie bei Gericht, der Beklagtenvertreterin zu 2) und der Beklagtenvertreterin zu 1) angerufen habe, um allen Beteiligten mitzuteilen, dass die Klägerin die Klage zurücknehmen werde. Hierbei habe es sich lediglich um eine Information gehandelt, um den übrigen Beteiligten unnötige Vorbereitungstätigkeiten zu ersparen.

Durch Beschluss der zuständigen Rechtspflegerin des AG wurden die von der Klagepartei an den Beklagten zu 1) zu erstattenden Kosten auf 2.231,25 EUR nebst Zinsen festgesetzt.

Hiergegen legte die Klägervertreterin sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führte sie aus, dass die festgesetzte Terminsgebühr nicht angefallen sei, da sie die Beklagtenvertreterin zu 1) – wie auch das Gericht und die Beklagtenvertreterin zu 2) – lediglich telefonisch vorab über die Klagerücknahme informiert habe; eine Besprechung im gebührenrechtlichen Sinne habe daher nicht stattgefunden. Die Beklagtenvertreterin zu 1) führte aus, dass durch den Anruf der Klägervertreterin die Gebühr ausgelöst worden sei, da die Klägervertreterin erklärt habe, dass sie von ihrer Mandantin, der Klägerin, den Auftrag erhalten habe, die Klage zurückzunehmen.

Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen

Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet und führt zur tenorierten Änderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses, da die von der Beklagtenvertreterin zu 1) geltend gemachte Terminsgebühr in dem Kostenfestsetzungsverfahren zu Unrecht festgesetzt wurde.

Durch Besprechungen zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien kann eine Terminsgebühr gem. der Nr. 3104 VV anfallen. Eine solche Terminsgebühr für außergerichtliche Besprechungen fällt gem. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3104 VV für die Mitwirkung an Besprechungen an, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Durch die Neufassung der Vorbemerkung durch das 2. KostRMoG v. 23.7.2013 (BGBl I, S. 2586) ist klargestellt, dass die Terminsgebühr unabhängig davon entsteht, ob für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder nicht (BGH, Beschl. v. 7.2.2017 – VI ZB 43/16 m.w.N. [= AGS 2017, 241]), wobei die Besprechung auch telefonisch durchgeführt werden kann (BGH NJW-RR 2007, 286 [= AGS 2007, 115]; OLG München, Beschl. v. 29.7.2009 – 11 W 1850/09 m.w.N.).

Gem. Vorbem. 3...

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