ZPO § 890; GKG § 63; GKG-KostVerz. Nr. 2111; RVG §§ 33, 25 Abs. 1 Nr. 3
Leitsatz
In einem Verfahren auf Verhängung eines Ordnungsgeldes ist eine Streitwertfestsetzung von Amts wegen nicht zulässig. Eine gleichwohl vorgenommene Festsetzung ist gegenstandslos und auf die Beschwerde hin zur Klarstellung aufzuheben.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 1.6.2018 – 3 W 1010/18
1 Sachverhalt
In einem Ordnungsgeldverfahren nach § 890 ZPO hatte das LG wegen Verstoßes gegen ein Unterlassungsgebot gegen den Schuldner ein Ordnungsgeld i.H.v. 3.000,00 EUR verhängt und den "Streitwert" auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen die Streitwertfestsetzung wendet sich die Beschwerde mit der Begründung, diese habe nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag gem. § 33 RVG erfolgen dürfen, da hinsichtlich der Gerichtsgebühren nur eine wertunabhängige Festgebühr erhoben werde dürfe.
Das OLG hat der Beschwerde stattgegeben, nachdem das LG nicht abgeholfen hatte.
2 Aus den Gründen
Aus der Beschwerde geht zwar nicht eindeutig hervor, in wessen Namen sie erhoben wurde. Da die Gläubigerin selbst durch die Streitwertfestsetzung nicht beschwert ist, ist deren Prozessbevollmächtigte als Beschwerdeführerin anzusehen (vgl. Hartmann, KostG, 46. Aufl., § 68 Rn 5 m.w.N.).
Als solche ist sie zulässig und führt zur Aufhebung der Streitwertfestsetzung.
Bei der Entscheidung des LG handelt es sich nicht um eine Entscheidung nach § 33 Abs. 1 RVG, sondern um eine Streitwertfestsetzung nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes. Das ergibt sich daraus, dass der Streitwert im Tenor für das "Ordnungsmittelverfahren" festgesetzt wurde und das LG im Nichtabhilfebeschluss auf § 68 Abs. 5 GKG Bezug genommen hat.
Wie die Beschwerde unter Hinweis auf die Rspr. des Bayerischen VGH (Beschl. v. 4.11.2016 – 9 C 16.1684, Rn 9 juris [= AGS 2017, 139]) zu Recht einwendet, lagen aber die Voraussetzungen für eine Streitwertfestsetzung nach den Vorschriften des GKG nicht vor. Nach § 63 Abs. 2 S. 1 GKG setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gerichtsgebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Voraussetzung für die Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 S. 1 GKG ist, dass die in Betracht kommende (Gerichts-)Gebühr nach dem Kostenverzeichnis (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) überhaupt von einem Kostenstreitwert abhängt (vgl. § 63 Abs. 1 S. 1 GKG: "Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten"; vgl. Hartmann, a.a.O., § 63 Rn 8, 16).
Daran fehlt es im vorliegenden Verfahren, weil hinsichtlich des der Streitwertfestsetzung des LG zugrunde liegenden Zwangsvollstreckungsverfahrens gem. § 888 ZPO nur eine streitwertunabhängige gerichtliche Festgebühr von 20,00 EUR anfällt (Nr. 2111 GKG-KostVerz.).
Zwar beschwert die Streitwertfestsetzung daher die Verfahrensbeteiligten nicht, soweit es die Gerichtsgebühren betrifft. Auch kann die Streitwertfestsetzung keine Wirkungen gem. § 32 Abs. 1 RVG für die Anwaltsgebühren entfalten, da mangels gerichtlicher Festsetzung der für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werte die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. Hartmann, a.a.O., § 32 RVG Rn 3). Es besteht aber zumindest der Rechtsschein, die nicht veranlasste Streitwertfestsetzung durch das LG sei vorliegend auch für die Rechtsanwaltsgebühren maßgeblich. Diesen Rechtsschein gilt es zu beseitigen (BayVGH, a.a.O., m.w.N.).
3 Anmerkung
Insbesondere in Ordnungsgeldverfahren werden regelmäßig "Streitwerte" festgesetzt, obwohl hier gar keine wertabhängige Gerichtsgebühr anfällt. Es entspricht einhelliger Auffassung, dass solche Wertfestsetzungen gegenstandslos und auf Beschwerde hin aufzuheben sind. Lediglich für die Anwaltsgebühren bedarf es einer Wertfestsetzung. Diese erfolgt aber – wie das OLG zu Recht ausführt – im Verfahren nach § 33 RVG, und das auch nur auf Antrag.
Der Wert eines Ordnungsgeldverfahrens richtet sich auch nicht nach dem Wert des Ordnungsgeldes, sondern gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG nach dem Wert der durchzusetzenden Handlung. Daher war auch aus diesem Grunde die Wertfestsetzung des LG unzutreffend.
Norbert Schneider
AGS, S. 406 - 407