GKG § 43 Abs. 1; RVG VV Nr. 2300
Leitsatz
- Wird neben der restlichen Hauptforderung eine Geschäftsgebühr auch aus bereits erledigten Gegenständen mit eingeklagt, handelt es sich nicht (mehr) um eine Nebenforderung, soweit die Geschäftsgebühr auf die erledigten Gegenstände entfällt. Vielmehr wird dieser Teil der Kosten zur Hauptforderung.
- Dieser Wert berechnet sich nach der Vergütung, die angefallen wäre, wenn der Anwalt nur wegen der erledigten Gegenstände beauftragt worden wäre.
LG Saarbrücken, Urt. v. 1.6.2018 – 13 S 151/17
1 Sachverhalt
Die Klägerin hatte außergerichtlich auf der Grundlage eines von ihr eingeholten Gutachtens Reparaturkosten i.H.v. 3.874,92 EUR netto, Sachverständigenkosten (652,12 EUR), Mietwagenkosten (618,80 EUR), Vermessungskosten (95,32 EUR) und eine Unkostenpauschale (30 EUR), mithin insgesamt 5.271,16 EUR geltend gemacht. Die Beklagte hat den Schaden bis auf die Mietwagenkosten (618,80 EUR), einen Teil des Kfz-Schadens (428,88 EUR), einen Teil der Vermessungskosten (80,10 EUR) und die vorgerichtlichen Anwaltskosten ausgeglichen.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin den nicht regulierten Teil ihres Schadens i.H.v. 1.127,78 EUR nebst Zinsen geltend gemacht sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltsgebühren aus einem Gegenstandswert von 5.271,16 EUR begehrt, die sie wie folgt berechnet hat:
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
460,20 EUR |
(Wert regulierter Ansprüche: 5.271,168 EUR) |
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Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
91,24 EUR |
Gesamt |
571,44 EUR |
Sie hat vorgetragen, das Fahrzeug sei repariert worden, wobei die Reparaturdauer der vom Sachverständigen in dessen Gutachten geschätzten Dauer entsprochen habe.
Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt. Die außergerichtlichen Anwaltskosten seien nicht zu ersetzen, da weder nachgewiesen sei, dass diese bezahlt worden seien, noch sei eine ordnungsgemäße Rechnung vorgelegt worden.
Das AG hat der Klage lediglich im Hinblick auf vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 492,54 EUR stattgegeben und eine Kostenquotelung von 71 % zu 29 % zulasten der Klägerin vorgenommen. Die zugesprochenen Anwaltskosten errechneten sich aus dem unstreitig gezahlten Betrag.
Die Kostenquotelung hat der Erstrichter damit begründet, dass die Anwaltskosten selbstständige anspruchserhöhende Positionen seien.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Ansprüche im Umfang der Klageabweisung weiter verfolgt.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung und verfolgt mit ihrer Anschlussberufung die Abweisung der Klage auch im Hinblick auf die zugesprochenen Anwaltskosten. Sie rügt eine Verletzung der Hinweispflicht und des materiellen Rechts. Zudem habe das Erstgericht verkannt, dass es sich bei den Anwaltskosten um Nebenkosten handele, die den Streitwert nicht erhöhen würden.
2 Aus den Gründen
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten den Streitwert des Rechtsstreits in 1. und 2. Instanz erhöhen.
Nach der Rspr. des BGH wirkt sich die Geltendmachung von vorprozessualen Anwaltskosten im Klageverfahren streitwerterhöhend aus, soweit sie sich auf einen ursprünglich geltend gemachten Anspruch beziehen, der nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 17.2.2009 – VI ZB 73/06, VersR 2009, 806 [= AGS 2009, 344] u. v. 26.3.2013 – VI ZB 53/12, VersR 2013, 921 [= AGS 2013, 282]). Dies gilt nicht nur im Rahmen der Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwerts (§ 4 ZPO), sondern auch im Rahmen des Gebührenstreitwerts nach § 43 GKG (vgl. OLG Celle MDR 2013, 53; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 4 Rn 40; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 43 GKG Rn 29; Hartmann, KostG, 47. Aufl., § 43 GKG Rn 5; Dörndorfer/Binz/Petzold/Zimmermann, GKG, 3. Aufl., § 43 Rn 4 ff.; Nugel, jurisPR-VerkR 14/2013 Anm. 1). Verlangt der Geschädigte mithin – wie hier – Anwaltskosten aus dem gesamten vorgerichtlich verfolgten Schadensersatzanspruch, so handelt es sich um eine den Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert erhöhende Hauptforderung, soweit sich die Anwaltskosten auf einen Teil des ursprünglich geltend gemachten Schadensersatzanspruchs beziehen, der bereits vorgerichtlich reguliert und deshalb von vorneherein nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 17.2.2009 – VI ZB 60/07, VersR 2009, 806 [= AGS 2009, 344]).
Allerdings ist bislang nicht abschließend geklärt, wie der Streitwert der die Hauptforderung erhöhenden Anwaltsgebühren im Einzelnen zu bemessen ist. Das KG hat insoweit eine Wertberechnung vorgenommen, bei der der Wert nach den gesamten außergerichtlichen Kosten abzüglich der Kosten bestimmt worden ist, die auf den anhängigen Teil der Forderung entfielen (KG NJW-RR 2008, 879). Denkbar wäre auch, nach Streitwertanteilen zu quoteln. Allerdings wird zu Recht darauf hingewiesen, dass beide Methoden dazu führen, dass sich der Wert des Kostenerstattungsanspruchs, der sich auf einen feststehenden, weil "erle...