Häufig stellt ein Antragsteller erst im Verlaufe des Unterhaltsverfahrens fest, dass der Antragsgegner leistungsfähiger ist als zunächst angenommen und erweitert seine Anträge. Dass sich hierdurch der Verfahrenswert erhöht, ist evident. Die Berechnung des Verfahrenswerts bereitet der Praxis allerdings Schwierigkeiten.
Der Verfahrenswert richtet sich in Unterhaltssachen nach § 51 Abs. 1 u. 2 FamGKG. Danach sind zum einen die Beträge der auf die Antragseinreichung folgenden zwölf Monate zu bewerten (§ 51 Abs.1 FamGKG). Hinzuzurechnen sind die bei Einreichung fälligen Beträge (§ 51 Abs. 2 FamGKG). Da der Unterhalt zum Ersten eines Monas im Voraus zu zahlen ist (§§ 1361 Abs. 4 S. 2, 1585 Abs. 1 S. 2, 1612 Abs. 3 S. 1 BGB), ist der laufende Monat folglich ein fälliger und damit dem Wert der zukünftigen Leistungen hinzuzurechnen.
Beispiel
Im Januar 2015 hat die Ehefrau beim FamG den Antrag eingereicht, den Ehemann zu verpflichten, 500,00 EUR monatlichen Unterhalt beginnend mit August 2014 zu zahlen.
Der Wert der auf die Antragseinreichung folgenden Monate (Februar 2015 bis Januar 2016) beläuft sich auf 12 x 500,00 EUR = 6.000,00 EUR.
Hinzu kommen die bei Einreichung fälligen Beträge (August 2014 bis Januar 2015), 6 x 500,00 EUR = 3.000,00 EUR.
Der Verfahrenswert beträgt somit 9.000,00 EUR.
Wird der Antrag später erweitert, ist sowohl für den zukünftigen Unterhalt neu zu bewerten als auch für die fälligen Beträge.
Fortsetzung
Im September 2015 erweitert die Ehefrau ihren Antrag, dass beginnend mit August 2014 monatlich 700,00 EUR gezahlt werden sollen.
Die ältere Rechtsprechung hat ungeachtet der Antragserweiterung angenommen, dass auch für die Erweiterung auf die Anhängigkeit des ursprünglichen Antrags abzustellen sei.
Dies ergäbe hier:
zukünftige Beträge (Februar 2015 bis Januar 2016), 12 x 700,00 EUR = |
8.400,00 EUR |
fällige Beträge (August 2014 bis Januar 2015), 6 x 700,00 EUR = |
4.200,00 EUR |
Gesamt |
12.600,00 EUR |
Diese Berechnungsmethode ist jedoch unzutreffend. Sie verstößt gegen § 34 FamGKG. Danach ist für jeden Antrag der Tag maßgebend, an dem der jeweilige Antrag gestellt wird. Dies bedeutet, dass für den ursprünglichen Antrag der Monat Januar 2015 maßgebend ist, während für die Antragserweiterung der Monat September 2015 maßgebend ist. Das führt zu einer anderen Berechnung, weil sich zwischen Januar und September weitere fällige Unterhaltsdifferenzbeträge ergeben haben.
Zutreffender Weise muss die Antragserweiterung wie ein gesonderter Antrag behandelt und bewertet werden. Dies führt dann insgesamt zu folgender Berechnung:
I. Ursprünglicher Antrag
Zukünftige Beträge (Februar 2015 bis Januar 2016), 12 x 500,00 EUR = |
6.000,00 EUR |
Fällige Beträge (August 2014 bis Januar 2015), 6 x 500,00 EUR = |
3.000,00 EUR |
Gesamt |
9.000,00 EUR |
II. Antragserweiterung
Zukünftige Beträge (Oktober 2015 bis September 2016), 12 x 200,00 EUR = |
2.400,00 EUR |
Fällige Beträge (August 2014 bis September 2015), 14 x 200,00 EUR = |
2.800,00 EUR |
Gesamt |
5.200,00 EUR |
Insgesamt ergibt sich damit ein Verfahrenswert in Höhe von |
14.200,00 EUR |
Besonders anschaulich und nachvollziehbar hat das OLG Köln dies in seinem Leitsatz zum Ausdruck gebracht:
"Wird bei einer Unterhaltsklage nach Klageeinreichung die Klage erhöht, so sind die Beträge, die auf die Zeit zwischen Klageeinreichung und Klageerweiterung fallen, streitwerterhöhende Rückstände."
Lotte Thiel
AGS, S. 432 - 434