Leitsatz
Im Unterhaltsverfahren in Familienstreitsachen stellen Unterhaltsbeträge, um die der Zahlungsantrag nach Verfahrenseinleitung durch spätere Antragserweiterung erhöht wird und die auf die Zeit bis zur Antragserweiterung entfallen, werterhöhende fällige Beträge i.S.v. § 51 Abs. 2 FamGKG dar. Ebenso hat die Erweiterung ab Eingang derselben im Umfang der Differenz zur Ausgangsforderung werterhöhende Wirkung nach § 51 Abs. 1 FamGKG.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 7.7.2014 – 9 WF 142/14
1 Aus den Gründen
Die nach § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG vorzunehmende Streitwertfestsetzung hängt vorliegend im Detail davon ab, ob und welche Auswirkungen Antragserweiterungen im laufenden Unterhaltsverfahren beigemessen werden (dazu 1.) und ob sich der Eintritt der Rechtskraft der Scheidung vor Ablauf des 12-Monats-Zeitraums nach § 51 Abs. 1 FamGKG auf die Höhe des Streitwertes auswirkt (dazu 2.).
1. Der Streitfall zeichnet sich dadurch aus, dass die Antragstellerin ihren ursprünglichen Zahlungsantrag aus dem am 9.5.2012 beim AG eingegangenen Schriftsatz vom 13.4.2012 mit einem nach der Sitzungsniederschrift vom 15.8.2013 jedenfalls an diesem Tage bei Gericht vorliegenden Schriftsatz vom 13.8.2013 sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft erheblich erweitert hat.
Die Streitwertberechnung für den Fall der späteren Antragserweiterung im Unterhaltsverfahren war und ist umstritten. Zum Teil wird vertreten, dass allein auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung abzustellen sei und spätere Antragserweiterungen insgesamt unbeachtlich seien. Nach einer anderen Auffassung sind die Beträge, um die der Zahlungsantrag nach Verfahrenseinleitung durch spätere Antragserweiterung erhöht wird und die auf die Zeit bis zur Antragserweiterung entfallen, streitwerterhöhende Rückstände i.S.v. § 51 Abs. 2 FamGKG; genauso hat die Erweiterung ab Eingang derselben im Umfang der Differenz zur Ausgangsforderung auch streitwerterhöhende Wirkung nach § 51 Abs. 1 FamGKG (vgl. zum Meinungsstreit Schneider, AnwBl 2007, 773/778; Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG FamGKG JVEG, 3. Aufl., § 51 FamGKG Rn 4; Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl., § 51 Rn 69 ff. – jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen und teilweise mit Berechnungsbeispielen).
Der Senat folgt der differenzierten und den Vorgaben des § 51 Abs. 2 FamGKG allein angemessenen Rechnung tragenden zweiten Auffassung.
Ausgangspunkt der Berechnung nach § 51 FamGKG muss daher zunächst der das Verfahren einleitende Antrag aus dem Schriftsatz vom 13.4.2012 sein, der am 9.5.2012 eingegangen ist. Bei Einreichung desselben waren also die seinerzeit geforderten Beträge (von August 2011) bis einschließlich Mai 2012 fällig, die sich auf insgesamt 4.683,00 EUR summiert haben. Zuzusetzen war der geforderte laufende Unterhalt für die kommenden zwölf Monate (Juni 2012 bis Mai 2013), insgesamt also 6.876,00 EUR (12 x 573,00 EUR). Bei Antragseinreichung ergab sich mithin ein Gesamtstreitwert von 11.559,00 EUR.
Nach der hier vertretenen Auffassung wirkt die spätere Antragserweiterung streitwerterhöhend. Die Differenz zwischen der ursprünglichen Forderung und der mit Schriftsatz vom 13.8.2013 geforderten höheren und bei Eingang der Antragserweiterung im August 2013 bereits fälligen weitergehenden Forderung beträgt insgesamt 12.874,29 EUR. Zuzusetzen war sodann für den geforderten höheren laufenden Trennungsunterhalt ab September 2013 ein Gesamtbetrag von 10.219,32 EUR (12 x 851,61 EUR).
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berechnung wird auf die vorstehende Tabelle Bezug genommen, in der für jeden einzelnen Monat im streitwertrelevanten Zeitraum die jeweiligen Forderungen gegenüber gestellt und die jeweils fälligen Rückstände bzw. die jeweils zukünftig für ein Jahr geforderten (Mehr-)Beträge ausgewiesen sind.
2. Der Umstand, dass der ab Eingang der Antragserweiterung im August 2013 fortlaufende künftige Trennungsunterhalt mit Blick auf den Eintritt der Rechtskraft der Scheidung am 24.12.2013 letztlich für weniger als zwölf Monate geschuldet ist, berührt die Festsetzung nach § 51 Abs. 1 FamGKG nicht. Abweichend vom AG erachtet der Senat den Ansatz eines den Jahresbetrag unterschreitenden Gegenstandswertes nur dann für berechtigt, wenn der anfänglich bezifferte Gesamtbetrag bzw. -zeitraum die Dauer von zwölf Monaten nicht erreicht (wie hier OLG Frankfurt FamRZ 2007, 749 m.w.N.). Im Streitfall war weder bei Eingang des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages noch im Zeitpunkt des Eingangs des Erweiterungsschriftsatzes sicher absehbar, dass das Scheidungs(verbund)verfahren vor Ablauf eines (weiteren) Jahres abgeschlossen und jedenfalls der Scheidungsausspruch vor August 2014 rechtskräftig werden würde.
2 Anmerkung
Häufig stellt ein Antragsteller erst im Verlaufe des Unterhaltsverfahrens fest, dass der Antragsgegner leistungsfähiger ist als zunächst angenommen und erweitert seine Anträge. Dass sich hierdurch der Verfahrenswert erhöht, ist evident. Die Berechnung des Verfahrenswerts bereitet der Praxis allerdings Schwierigkeiten.
Der Verfahrenswert richte...