Leitsatz
- Zur Bestimmung des Auslagenschuldners nach § 28 Abs. 2 GKG, wenn ein Rechtsanwalt die Akteneinsicht im Auftrag des vertretenen Klägers beantragt (vgl. BGH v. 6.4.2011 – IV ZR 232/08 = NJW 2011, 3041).
- Nur wer ausdrücklich die Übersendung einzelner Aktenteile eines Verfahrens in gesonderten Zusendungen beantragt, hat mehrere "Sendungen" veranlasst und schuldet dafür die Auslagenpauschale in entsprechender Zahl.
- Liegt ein entsprechender Antrag auf Teillieferungen nicht vor, so kann es nicht allein von der Handhabung der Geschäftsstelle oder dem Gutdünken der Poststelle des Gerichts abhängen, ob im Einzelfall die Auslagenpauschale nur einmal oder aber mehrfach zu zahlen ist. Vielmehr ist dann erst nach Vorliegen aller angeforderten Akten nur eine Übersendung zur Akteneinsicht zu veranlassen, sodass die Aktenversendungspauschale nur einmal anfällt.
BSG, Beschl. v. 20.3.2015 – B 13 SF 4/15 S
1 Sachverhalt
Der 10. Senat des BSG hatte eine vom Erinnerungsführer als prozessbevollmächtigtem Rechtsanwalt für den dortigen Kläger geführte Revision als unzulässig – weil nicht fristgemäß begründet – verworfen. Nach Zustellung des Beschlusses hat er Anhörungsrüge erhoben sowie Einsicht in die Gerichtsakten und alle Nebenakten beantragt. Daraufhin sind die vorinstanzlichen Akten erneut beigezogen und dem Erinnerungsführer in dessen Kanzlei zur Einsicht übersandt worden (zwei Sendungen am 17. bzw. 26.3.2014). Nach Rückgabe der Akten hat der 10. Senat mit Beschluss vom 10.7.2014 die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen und entschieden, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
Der Kostenbeamte hat mit gesonderten Schlusskostenrechnungen vom 14.8.2014 vom Kläger des Anhörungsrügeverfahrens die Gebühr nach Nr. 7400 GKG-KostVerz. i.H.v. 60,00 EUR sowie vom Erinnerungsführer zweimal die Auslagenpauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. i.H.v. insgesamt 24,00 EUR angefordert. Auf eine Zahlungserinnerung hat der Erinnerungsführer mit handschriftlichem Vermerk gegenüber der Bundeskasse geltend gemacht: "Zahlungsaufforderung u. -erinnerung sind rechtswidrig, da RA Dr. … nicht Kostenschuldner. Handeln i.V. für Mandant, wird mit Kostenfolge nochmals Erinnerung u. zul. Rechtsmittel eingelegt." Erst später hat er die Erinnerung – nach mehreren Anfragen – näher begründet. Der Erinnerungsführer macht geltend, er habe die Akteneinsicht namens und im Auftrag des Klägers vorgenommen und dabei offensichtlich in Vertretung gehandelt, deshalb müssten die hierfür anfallenden Kosten dem Kläger und Mandanten zur Last fallen. Diese Rechtslage könne auch durch abweichende Entscheidungen der Gerichte nicht abgeändert werden, wie sich aus Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 101 und 103 GG ergebe. Im Übrigen sei die Aktenversendung jeweils gemeinsam mit den Akten des Parallelverfahrens B 10 ÜG 2/14 C erfolgt. In jenem Verfahren habe er – quasi vergleichsbereit – 12,00 EUR für beide Verfahren überwiesen, trete nunmehr aber hiervon zurück.
Der Kostenbeamte hat der Erinnerung gegen den Kostenansatz nicht abgeholfen. Der Kostenprüfungsbeamte ist dieser Entscheidung am selben Tag beigetreten.
2 Aus den Gründen
Zur Entscheidung über die Erinnerung ist der 13. Senat des BSG gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. der Regelung in Rn 13 Nr. 2 des Geschäftsverteilungsplans des BSG für das Jahr 2015 berufen. Er entscheidet durch den für das Verfahren zuständigen Berichterstatter (Nr. 3.3 der senatsinternen Geschäftsverteilung) als Einzelrichter (§ 66 Abs. 6 S. 1 i.V.m. § 1 Abs. 5 GKG i.d.F. der Bekanntmachung vom 27.2.2014 – BGBl I, S. 154; zur gesetzlichen Klarstellung der Zuständigkeit des Einzelrichters siehe BT-Drucks 17/11471 <neu>, S. 243 – zu Art. 3, zu Nr. 2 <§ 1 GKG>– sowie Straßfeld, SGb 2013, 562; ebenso BVerwG Beschl. v. 31.3.2014 – 10 KSt 1.14, BeckRS 2014, 50731 Rn 1; BFH Beschl. v. 25.3.2014 – X E 2/14, BeckRS 2014, 94941 Rn 4 = BFH/NV 2014, 894).
Die Erinnerung ist nur teilweise begründet. Der Erinnerungsführer wird zu Recht als Kostenschuldner für die Aktenversendungspauschale in Anspruch genommen (dazu unter 1.). Er hat die Pauschale hier jedoch nur einmal zu entrichten (nachfolgend unter 2.).
1. Gem. § 28 Abs. 2 GKG schuldet die Auslagen für die Versendung von Akten nur, wer die Versendung beantragt hat. Dies war im Anhörungsrügeverfahren B 10 ÜG 1/14 C der Erinnerungsführer. Mit dem Einwand, er habe die Akteneinsicht im Auftrag und mit Vollmacht des durch ihn vertretenen Klägers beantragt, weshalb nach §§ 164 ff. BGB nur dieser die Auslagen schulde, kann er nicht durchdringen. Der BGH hat in seiner grundlegenden Entscheidung vom 6.4.2011 zu der genannten Bestimmung (IV ZR 232/08 – NJW 2011, 3041 Rn 17 ff.) diesbezüglich u.a. ausgeführt: "Diese eigenständige Bestimmung des Auslagenschuldners belegt, dass Letzterer nicht nach allgemeinen Vertretungsregeln ermittelt werden soll, denn sie wäre in diesem Fall überflüssig gewesen" (a.a.O. Rn 20). "Wenngleich die Akteneinsicht durch einen Rechtsanwalt regelmäßig im Interesse seines Mandanten erfolgt, ist davon die Frage zu untersche...