3.1 Widerantrag
Tritt der Beklagte als Widerkläger auf, sodass der Kläger in die Rechtsverteidigung gedrängt wird, findet § 122 Abs. 2 ZPO keine Anwendung, und es besteht insoweit für den Beklagten Vorschusspflicht. Von dem Beklagten und Widerkläger kann dann auch die Gebührendifferenz angefordert werden, die im Falle des § 45 Abs. 1 S. 1 GKG entsteht, weil Klage und Widerklage verschiedene Gegenstände betreffen. Es kann dann zwar keine Abhängigmachung angeordnet werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 GKG), jedoch wird die Gebühr mit Eingang der Widerklage bei Gericht fällig und ist daher mit Sollstellung anzufordern (§ 6 Abs. 1 GKG, §§ 15 Abs. 1, 25 KostVfg). Entsprechendes gilt in Familienstreitsachen, wenn Antrag und Widerantrag gestellt werden.
Beispiel
In einer Zivilsache wegen Zahlung von 10.000,00 EUR wird dem Kläger ratenfreie PKH bewilligt. Später erhebt der Beklagte Widerklage wegen Zahlung von 5.000,00 EUR.
Da verschiedene Gegenstände betroffen sind, erhöht sich der Wert auf 15.000,00 EUR.
Von dem Beklagten ist die Differenz zwischen einer 3,0-Gebühr (Nr. 1210 GKG-KostVerz.) aus beiden Werten anzufordern:
3,0-Gebühr, Nr. 1210 GKG-KostVerz |
879,00 EUR |
(Wert: 15.000,00 EUR) |
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abzgl. 3,0-Gebühr, Nr. 1210 GKG-KostVerz |
-723,00 EUR |
(Wert: 10.000,00 EUR) |
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Von dem Beklagten anzufordern: |
156,00 EUR |
Die Kosten sind mit Sollstellung anzufordern, da keine Vorschusspflicht besteht (§ 12 Abs. 2 GKG). Auf § 122 Abs. 2 ZPO kann sich der Beklagte nicht berufen. Werden dem Kläger später die Kosten vollumfänglich auferlegt, sind die Zahlungen durch die Staatskasse an den Beklagten zurückzuzahlen (§ 31 Abs. 3 S. 1 GKG).
3.2 Streitgenossen
Stehen auf der Antragstellerseite Streitgenossen, gilt für den Beklagten die Befreiung des § 122 Abs. 2 ZPO erst dann, wenn sämtlichen Streitgenossen PKH ohne Zahlungsbestimmungen bewilligt ist. Ist nur einem Streitgenossen keine PKH oder nur PKH mit Zahlungsbestimmungen bewilligt, bleibt der Beklagte vollumfänglich vorschusspflichtig.
Beispiel
In einer Zivilsache A, B, C gegen D wird A und B ratenfreie PKH bewilligt. Für C erfolgt keine PKH-Bewilligung.
Der Beklagte ist nicht nach § 122 Abs. 2 ZPO einstweilen von der Zahlung der Gerichtskosten befreit. Er hat deshalb Vorschüsse für Gerichtskosten zu leisten.
3.3 Verbundverfahren
Im Verbundverfahren (§ 137 FamFG) ist für die Scheidungssache und für jede Folgesache auf die jeweilige Beteiligtenrolle abzustellen. Wurde dem Antragsteller, der eine Folgesache eingeleitet hat, für diese Folgesache VKH ohne Zahlungsbestimmungen bewilligt, ist der Antragsgegner dieser Folgesache auch dann einstweilen nach § 122 Abs. 2 ZPO von der Zahlung der Gerichtskosten befreit, wenn er in der Scheidungssache selbst Antragsteller ist.
Beispiel
Die Ehefrau beantragt die Scheidung. Neben der Scheidung wird gleichzeitig die Folgesache Versorgungsausgleich anhängig. Der Ehemann leitet die Folgesache Zugewinnausgleich ein. Ihm wird für die Scheidung und die Folgesachen ratenfreie VKH bewilligt.
Die Ehefrau ist Antragstellerin i.S.d. § 122 Abs. 2 ZPO für die Scheidungssache und die Folgesache Versorgungsausgleich. Die VKH-Bewilligung für den Ehemann hat deshalb für diese Verbundteile keine einstweilige Befreiung nach § 122 Abs. 2 ZPO zur Folge.
In der Folgesache Zugewinnausgleich ist die Ehefrau hingegen Antragsgegnerin auch i.S.d. § 122 Abs. 2 ZPO. Sie ist hier einstweilen von der Zahlung der Gerichtskosten befreit und braucht keine Auslagenvorschüsse zu leisten.