Leitsatz
Beauftragt die im Gerichtsbezirk ansässige Partei einen außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalt, so sind dessen tatsächlichen Reisekosten regelmäßig nicht bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig, sondern lediglich bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohnsitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten (gegen LG Düsseldorf NJW 2015, 498).
OLG Celle, Beschl. v. 22.6.2015 – 2 W 150/15
1 Aus den Gründen
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die unterbliebene Berücksichtigung der Reisekosten seines Prozessbevollmächtigten von H. nach H. bzw. H. nach C. i.H.v. mehr als 200,00 EUR. Die Rechtspflegerin hat die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Recht verneint. Auf die angefochtene Entscheidung und den Nichtabhilfebeschluss wird Bezug genommen. Die beantragte Festsetzung von fiktiven Reisekosten bis zur höchsten Entfernung innerhalb des LG-Bezirks Hannover kommt nicht in Betracht.
Die Auffassung der Rechtspflegerin steht in Einklang mit der gefestigten höchstrichterlichen Rspr. zur Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines Rechtsanwalts am sog. dritten Ort. Soweit der Kläger geltend macht, diese Rspr. sei veraltet, verkennt er, dass eine richtige gefestigte höchstrichterliche Rspr. nicht deshalb veraltet ist, weil das LG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 18.12.2014 (6 O 455/11, NJW 2015, 498) als Instanzgericht eine anderslautende falsche Entscheidung getroffen hat.
Der BGH vertritt seit Langem die Ansicht, dass, wenn eine Partei im eigenen Gerichtsstand verklagt wird, mit ihrer Vertretung aber einen auswärtigen Rechtsanwalt beauftragt, es sich bei dem dadurch anfallenden Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten handele, die für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig seien (vgl. BGH NJW 2003, 901 [= AGS 2003, 368]). Lediglich die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei habe, sei in der Regel als notwendige Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung anzuerkennen. Wenn eine Partei daher am eigenen Gerichtsstand verklagt werde und gleichwohl einen Rechtsanwalt am dritten Ort einschalte, scheide die Erstattung von Reisekosten grundsätzlich aus. Mit dieser Begründung hat der BGH es im damals entschiedenen Fall, in dem eine im LG-Bezirk K. wohnhafte Partei von Rechtsanwälten aus S. vertreten worden war, abgelehnt, Reisekosten eines Rechtsanwalts am entferntesten Ort des LG-Bezirks K. zuzusprechen. Er hat vielmehr die Entscheidung des LG, die zugunsten des Beklagten lediglich die Kosten einer fiktiven Informationsreise von seinem Wohnort zu einem Rechtsanwalt am Gerichtsort in K. für erstattungsfähig angesehen hatte, gebilligt. Diese Entscheidung wäre falsch, wenn die Ansicht des LG Düsseldorf zuträfe.
Diese Grundsätze hat der BGH weiter vertieft. So hat der BGH im Jahre 2011 in einem Fall, in dem ein im LG-Bezirk B. wohnhafter Kläger einen Beklagten vor dem LG B. in Anspruch genommen hatte und sich durch Rechtsanwälte aus B. hat vertreten lassen, ausgeführt, erstattungsfähig seien auch hier nur diejenigen Kosten eines Prozessbevollmächtigten, die aus einem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnsitz einer Partei andererseits entstehen würden. Er hat ausdrücklich die Entscheidung des Beschwerdegerichts gebilligt, das lediglich die fiktiven Reisekosten eines am Wohnsitz des Klägers ansässigen Prozessbevollmächtigten festgesetzt hat. Auch diese Entscheidung wäre falsch, wenn fiktive Reisekosten eines an entferntester Stelle im LG-Bezirk B. ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten wären.
Der BGH hat noch in seinem Beschluss vom 8.3.2012 (NJW-RR 2012, 698, 699) seine Rspr. bekräftigt und insbesondere ausgeführt:
"a) Die Zuziehung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stellt allerdings im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dar. Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird in aller Regel einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn gegebenenfalls mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Sie wird dies wegen der räumlichen Nähe und der Annahme tun, dass zunächst ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich ist. Diese Erwartung ist berechtigt, denn für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung ist der Rechtsanwalt zunächst auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen, die in aller Regel in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgt (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900 [= AGS 2003, 97]; v. 13.7.2004 – X ZB 40/03, NJW 2004, 3187; v. 13.6.2006 – IX ZB 44/04, ...