1. Anwaltsvergütung
Für das einstweilige Anordnungsverfahren entstehen dieselben Gebühren wie im Hauptsach-verfahren, sodass eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) sowie eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) entstehen kann. Daneben kann eine 1,0-Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) anfallen.
In einstweiligen Anordnungen, die eine Umgangssache betreffen, kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 51 Abs. 2 S. 2 FamFG), jedoch ist auf Antrag eines Beteiligten eine mündliche Verhandlung durchzuführen und erneut zu entscheiden (§ 54 Abs. 2 FamFG). Es kann daher in den einstweiligen Anordnungsverfahren eine fiktive Terminsgebühr nach Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entstehen, da nach der Rspr. des BGH zu den Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung nicht nur solche zählen, in denen von vornherein mündlich verhandelt werden muss, sondern auch solche, in denen eine mündliche Verhandlung für den Fall vorgeschrieben ist, dass ein Beteiligter sie beantragt.
Für die Beschwerde gegen die im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangene Endentscheidung gelten die Nrn. 3200 ff. VV, wenn sich die Beschwerde gegen den Hauptgegenstand (des einstweiligen Anordnungsverfahrens) richtet (Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b VV). Wird hingegen eine bloße Nebenentscheidung angefochten, gelten Nrn. 3500, 3513 VV.
Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und das Hauptsacheverfahren stellen gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten dar (§ 17 Nr. 4 Buchst. b RVG). Es entsteht daher für beiden Verfahren eine gesonderte Vergütung. Eine Anrechnungsvorschrift besteht nicht. Es bedarf jedoch stets einer gesonderten Beantragung und Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das einstweilige Anordnungs- und das Hauptsacheverfahren.
Beispiel
Beantragt wird der Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Umgang. Das Gericht erlässt daraufhin nach mündlicher Verhandlung die einstweilige Anordnung. Der Wert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt. Später wird das Hauptsacheverfahren wegen Umgang anhängig. Hier ergeht ebenfalls nach mündlicher Verhandlung eine Endentscheidung. Der Wert für das Hauptsacheverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Es ist folgende Anwaltsvergütung entstanden:
I. Einstweiliges Anordnungsverfahren |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
149,50 EUR |
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(Wert: 1.500,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
138,00 EUR |
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(Wert: 1.500,00 EUR) |
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3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
USt., Nr. 7008 VV |
58,43 EUR |
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Gesamt |
365,93 EUR |
II. Hauptsacheverfahren |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
261,30 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
241,20 EUR |
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(Wert: 3.000,00 EUR) |
|
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
USt., Nr. 7008 VV |
99,28 EUR |
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Gesamt |
621,78 EUR |
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Gesamt I. + II. |
987,71 EUR |
Soll die einstweilige Anordnung abgeändert oder aufgehoben werden, ist § 16 Nr. 5 RVG zu beachten. Danach handelt es sich bei dem ursprünglichen einstweiligen Anordnungsverfahren und einem Abänderungs- bzw. Aufhebungsverfahren um dieselbe Angelegenheit. Der Rechtsanwalt kann somit für das Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren keine gesonderten Gebühren fordern. Der Mehraufwand kann auch nicht über eine Werterhöhung kompensiert werden, da eine Wertaddition der Gegenstandswerte von Anordnungs- und späteren Abänderungs- bzw. Aufhebungsverfahren nicht zulässig ist.
Beispiel
Beantragt wird der Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Umgang. Das Gericht erlässt daraufhin nach mündlicher Verhandlung die einstweilige Anordnung. Später wird die Abänderung der einstweiligen Anordnung beantragt. Nach mündlicher Verhandlung wird die einstweilige Anordnung abgeändert. Der Wert wird sowohl für das Anordnungs- als auch für das Aufhebungsverfahren auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
Der Anwalt kann für beide Verfahren nur eine Vergütung fordern (§ 16 Nr. 5 RVG). Diese beträgt:
Einstweiliges Anordnungsverfahren |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
149,50 EUR |
|
(Wert: 1.500,00 EUR) |
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
138,00 EUR |
|
(Wert: 1.500,00 EUR) |
|
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
USt., Nr. 7008 VV |
58,43 EUR |
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Gesamt |
365,93 EUR |
2. Gerichtskosten
Im erstinstanzlichen Verfahren entsteht eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 1410 FamGKG-KostVerz. Es handelt sich um eine pauschale Verfahrensgebühr, die sämtliche gerichtliche Handlungen abdeckt. Die Gebühr entsteht bereits mit der ersten Tätigkeit des Gerichts, da es sich bei den Umgangsverfahren wegen § 1684 BGB um Amtsverfahren handelt. Bei der Gebührenpflicht verbleibt es daher unabhängig vom Ausgang des Verfahrens, also auch bei Rücknahme oder Vergleichsabschluss. Eine Ermäßigung der Gebühr ist nicht vorgesehen, sodass auch bei Beendigung durch Rücknahme oder Vergleichsabschluss keine Ermäßigung eintritt.
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und...