BGB § 249; ZPO § 3

Leitsatz

Hat der auf Schadensersatz klagende Käufer (hier: eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Pkws) im Klageantrag ein Nutzungsentgelt berücksichtigt, so ist der sich daraus ergebende Abzugsbetrag bei der Bemessung des Streitwerts auch dann wertmindernd in Ansatz zu bringen, wenn der Kläger insoweit eine Zug-um-Zug-Verurteilung verlangt.

OLG Bamberg, Beschl. v. 3.7.2019 – 4 W 46/19

1 Sachverhalt

Die Parteien haben in erster Instanz um Schadensersatzansprüche des Klägers nach dem Kauf eines mit einem Dieselmotor der Baureihe X. ausgestatteten Gebrauchtwagens gestritten.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung des Kaufpreises i.H.v. 25.576,00 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Pkw sowie Zahlung eines Nutzungsersatzes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, der aber maximal 4.793,63 EUR betragen solle, zu verurteilen.

Die Klage hat der Kläger noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Das LG hat den Streitwert auf 25.576,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen hat die Beklagte Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 20.782,37 EUR festzusetzen. Die im Klageantrag eingeräumte Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsersatzes wirke sich streitwertmindernd aus, weil es um gleichartige Ansprüche gehe, die saldiert werden könnten.

Der Kläger wendet sich gegen die Beschwerde. Er sieht den Nutzungsersatzanspruch als unselbstständigen Annex zum Rückgabe- und Rückübereignungsanspruch des Pkw an.

Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Es bestehe kein überzeugender Grund, zwar die Höhe des Nutzungsersatzes in Abzug zu bringen, den Wert des Fahrzeugs als weitere Zug-um-Zug-Leistung aber nicht.

2 Aus den Gründen

Die gem. § 68 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 3 S. 2 GKG zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung des festgesetzten Streitwerts.

Der Streitwert wird bestimmt durch den Streitgegenstand, der durch Klageantrag und Klagebegründung festgelegt wird. Maßgeblich ist demnach das Interesse des Klägers.

Zwar ist es richtig, dass bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung der Wert der Gegenleistung nach h.M. grds. außer Betracht bleibt (BeckOK BGB/Wendtland, 1.3.2019, § 3, Rn 36; Zöller-Herget, ZPO, 32. Aufl., § 3, Rn 16 "Zug-um-Zug-Leistung"; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl., § 3, Rn 186). Demzufolge ist bei beantragter Zug-um-Zug-Leistung auch dann, wenn das Verfahren ohne ein Urteil beendet wird, bei der Bemessung des Streitwerts grds. allein von der im Klageantrag geforderten Leistung auszugehen.

Dies gilt jedoch dann nicht, wenn es sich bei Zahlungsklagen um eine gleichartige Gegenleistung handelt, die im Wege der Vorteilsausgleichung von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Denn in diesem Fall geschieht die Berücksichtigung des Vorteils durch einfachen Abzug. Es liegt keine Aufrechnung vor und es bedarf auch keiner Einrede oder Gestaltungserklärung des Schädigers, damit die Vorteilsausgleichung stattfinden kann. Vielmehr wird durch die Vornahme des Abzugs der geschuldete Schadensersatzbetrag erst endgültig festgelegt (Schiemann, in: Staudinger, BGB, 2017, § 249, Rn 142). Es besteht daher in diesen Fällen kein Bedürfnis einer Zug-um-Zug-Verurteilung, um die Interessen des Schädigers zu wahren. Das erkennende Gericht ist vielmehr, sollte nach einem Hinweis nicht ohnehin eine Antragskorrektur erfolgen, trotz beantragter Zug-um-Zug-Verurteilung gehalten, den Abzug unmittelbar vorzunehmen.

Ließe man den Wert der vom Kläger selbst in Ansatz gebrachten Nutzungsentschädigung hingegen unberücksichtigt, hätte dies zur Folge, dass das Kostenrisiko hinsichtlich der Höhe der Nutzungsentschädigung vom wirtschaftlichen Interesse des Klägers entkoppelt wäre und einseitig dem Beklagten aufgebürdet würde. Wenn etwa bei einer auf Zahlung eines Schadensbetrages von 20.000,00 EUR gerichteten Klage der Wert der Nutzungsentschädigung vom Gericht nicht wie vom Kläger behauptet mit 5.000,00 EUR, sondern mit 10.000,00 EUR bemessen wird, der Kläger also tatsächlich nur 10.000,00 EUR erhält, hätte der Beklagte – folgt man der Auffassung des Erstgerichts – trotzdem 100 % der Kosten aus einem Streitwert von 20.000,00 EUR zu tragen.

Dem steht die Auffassung des OLG Stuttgart (Beschl. v. 27.6.2013 – 7 W 34/13) nicht entgegen, wonach auch bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung, die auf einer Vorteilsausgleichung beruht, die Gegenleistung den Streitwert nicht beeinflusst. Denn in dem dort zu entscheidenden Fall ging es um die vom Geschädigten als Gegenleistung zu erbringende Übertragung von Rechten aus Versicherungsverträgen, also nicht um eine gleichartige Gegenleistung.

Nachdem der Kläger im vorliegenden Fall bereits im Antrag und in der Klagebegründung deutlich gemacht hat, dass er von einer von ihm zu leistenden Nutzungsentschädigung i.H.v. 4.793,63 EUR ausgeht, ist dieser Wert bei der Bemessung des Streitwerts in Abzug zu bringen.

AGS, S. 415 - 416

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