GNotKG §§ 40, 36; BGB § 2287
Leitsatz
- Der Geschäftswert im Erbscheinsverfahren ist der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls.
- Rechtlich oder tatsächlich zweifelhafte Ansprüche sind dabei mit ihrem Schätzwert in Ansatz zu bringen.
OLG Bamberg, Beschl. v. 13.12.2018 – 1 W 99/18
1 Aus den Gründen
Mit Beschluss des AG wurde der Nachlasswert auf 82.675,00 EUR festgesetzt.
Gegen diese Entscheidung legte der Beteiligte A. beim AG Beschwerde nach § 83 GNotKG ein.
Die Beschwerde wird damit begründet, zum Todeszeitpunkt des Verstorbenen habe der Nachlass aus einem Bankguthaben i.H.v. ca. 6.000,00 EUR und einem ca. 15 Jahre alten VW im Wert von ca. 2.000,00 EUR bestanden. Grundbesitz habe sich zum Zeitpunkt des Todes nicht mehr im Nachlass befunden. Vielmehr sei dieser vor dem Tod des Erblassers übertragen worden. Der Nachlasswert habe demnach ca. 8.000,00 EUR betragen.
Ein etwaiger Herausgabeanspruch aus § 2287 BGB, welcher streitig sei, falle jedenfalls nicht in den Nachlass und müsse daher im Rahmen der Gebührenfestsetzung im Erbscheinsverfahren unberücksichtigt bleiben.
Der frühere Rechtsanwalt des Beteiligten A und die Rechtsanwälte der Beteiligten zu 2) und zu 3), B und C beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Überlassungsvertrag hinsichtlich des Grundbesitzes v. 13.5.2016 sei angefochten worden und es sei geltend gemacht worden, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Übertragung nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Das auf die Erben mit dem Erbfall übergegangene Anfechtungsrecht sei ein zum Nachlass gehörender vermögenswerter Aktivposten, selbst wenn die Anfechtungserklärung nach dem Erbfall erfolgt sei.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Aus den Gründen
Die Beschwerde ist zulässig (§ 83 GNotKG). Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 83 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 79 Abs. 2 S. 2 GNotKG). Der nach § 83 Abs. 1 S. 1 GNotKG erforderliche Beschwerdewert von 200,00 EUR ist erreicht.
In der Sache ist die Beschwerde nicht begründet.
Der Geschäftswert im Erbscheinsverfahren ist der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls, § 40 Abs. 1 S. 1 GNotKG.
Das AG hat in die Festsetzung des Nachlasswertes zu Recht den Wert eventueller Rückforderungsansprüche der Erben aufgrund Nichtigkeit des notariellen Überlassungsvertrages v. 13.5.2016 einbezogen.
Wäre der Überlassungsvertrag nichtig, weil der Erblasser zum Zeitpunkt des Überlassungsvertrages v. 13.5.2016 geschäftsunfähig war (§ 105 BGB) oder würde die mit Schriftsatz v. 5.3.2018 erklärte Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung (§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB) durchgreifen, hätte dies Rückforderungsansprüche der Erben hinsichtlich derjenigen Grundstücksanteile zur Folge, welche der Erblasser mit dem Überlassungsvertrag v. 13.5.2016 auf den Beteiligten A. übertragen hat.
Diese Ansprüche gehören zum Nachlass. Da die Frage der Wirksamkeit des Überlassungsvertrages v. 13.5.2016 zwischen den Beteiligten im Streit ist, hat das AG diese Ansprüche zu Recht nur anteilig in Ansatz gebracht. Rechtlich oder tatsächlich zweifelhafte Ansprüche sind mit ihrem Schätzwert (§ 36 GNotKG) in Ansatz zu bringen (Korintenberg, GNotKG, 20. Aufl., § 40 Rn 23). Die Bewertung mit der Hälfte des angegebenen Wertes ist nicht zu beanstanden.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 83 Abs. 3 GNotKG.
AGS, S. 411