Im Streit steht die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem RVG im Verfahren S 8 AS 2673/16 ER. Streitig ist allein, ob bei der Berechnung der nach Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdeführer) zu erstattenden Kosten die geltend gemachte Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV in voller Höhe anzusetzen ist oder ob auf diese Gebühr bei der Kostenfestsetzung gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV die für die vorgerichtliche Tätigkeit angefallene Geschäftsgebühr teilweise anzurechnen ist.
Mit Antrag v. 4.10.2016 hatte der Antragsteller des Verfahrens S 8 AS 2673/16 ER beim Antragsgegner (Jobcenter) Leistungen nach dem SGB II beantragt, die dieser mit Bescheid v. 7.11.2016 ablehnte. Der Antragsteller sei von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da er sich im Rahmen einer Bewährungsweisung in einer stationären Drogentherapie befinde. Gegen die ablehnende Entscheidung legte der Antragsteller, anwaltlich vertreten durch den Beschwerdegegner, am 11.11.2016 Widerspruch ein.
Am 14.11.2016 beantragte der auch hier vom Beschwerdegegner vertretene Antragsteller beim SG im Wege einer einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm für die Zeit v. 14.11.2016 bis einschließlich Februar 2017 monatlich 404,00 EUR zu bewilligen. Das SG bewilligte dem Antragsteller mit Beschl. v. 9.12.2016 ab Verfahrensbeginn PKH und ordnete den Beschwerdegegner bei. Mit Beschl. v. gleichen Tag verpflichtete das SG das Jobcenter, dem Antragsteller vorläufig SGB II Leistungen i.H.v. monatlich ca. 180,00 EUR zu gewähren und lehnte den Antrag i.Ü. ab. Das Jobcenter wurde verpflichtet, die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.
Mit Schriftsatz v. 12.12.2016 beantragte der Beschwerdegegner die Festsetzung folgender Gebühren für das Antragsverfahren S 8 AS 2673/16 ER:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
300,00 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
19 % USt., 7008 VV |
60,80 EUR |
Gesamt |
380,80 EUR |
Für das parallel zum gerichtlichen Eilverfahren geführte Widerspruchsverfahren habe ihm das Jobcenter mit Zahlungseingang v. 25.1.2017 einen Betrag i.H.v. 380,80 EUR erstattet. Unter Verweis auf den Beschl. d. Bayerischen LSG v. 21.6.2016 (L 15 SF 39/14 E) machte er geltend, eine Anrechnung dieser Gebühren käme jedoch nicht in Betracht.
Das Jobcenter teilte mit, zu einer Zahlung der Hälfte der geltend gemachten Kosten (380,80 EUR / 2) für das Antragsverfahren bereit zu sein, eine Auszahlung sei noch nicht erfolgt.
Mit Beschl. v. 9.3.2017 setzte die zuständige Urkundsbeamte die Vergütung im Verfahren S 8 AS 2673/16 ER wie folgt fest:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
300,00 EUR |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen |
– 150,00 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
19 % USt., 7008 VV |
32,30 EUR |
Gesamt |
202,30 EUR |
Die erhaltene Gebühr für das Widerspruchsverfahren sei anzurechnen. Der vom Beschwerdegegner angeführte Beschl. d. Bayerischen LSG sei nicht einschlägig. Dort sei Gegenstand die Herstellung der aufschiebenden Wirkung eines Verwaltungsakts gewesen, während hier eine Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 S. 2 SGG getroffen worden sei.
Hiergegen hat der Beschwerdegegner am 16.3.2017 Erinnerung eingelegt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss weiche von der ständigen gerichtlichen Praxis der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit ab. Das Widerspruchsverfahren und das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz seien unterschiedliche Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinn und hätten jeweils einen unterschiedlichen Streitgegenstand. Der Beschwerdeführer führte unter Verweis auf den Beschl. d. Hessischen LSG v. 31.5.2016 (L 2 AS 603/15 B) aus, maßgeblich sei allein, ob – wie hier – bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise "derselbe Gegenstand" vorliege.
Das SG hat mit Beschl. v. 4.9.2017 den Kostenfestsetzungsbeschl. v. 9.3.2017 abgeändert und die im Antragsverfahren S 8 AS 2673/16 ER zu erstattende Vergütung auf insgesamt 380,00 EUR festgesetzt. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach der Vorbem. 3 Abs. 4 VV erfolge nicht. Nur soweit wegen "desselben Gegenstandes" eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 VV (d.h. eine nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV entstandene Geschäftsgebühr) entstehe, werde diese Gebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Vorliegend handele es sich aber nicht um denselben Gegenstand i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV; insbesondere seien keine Gründe ersichtlich, von der Rspr. des Bayerischen LSG, vgl. Beschl. v. 21.6.2016 (L 15 SF 39/14 E) abzuweichen. Nach der Gesetzesbegründung bezwecke der Gesetzgeber mit der Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV eine dem Aufwand entsprechende Vergütung des Rechtsanwalts. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit werde entscheidend davon beeinflusst, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst gewesen sei. Eine Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Rechtsanwalt, der zu...