RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2; Nr. 3104
Leitsatz
Die bloße Besprechung der Parteien, über die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit oder eines Schiedsgerichts erfüllt nicht den Tatbestand einer Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.7.2019 – 8 W 219/19
1 Sachverhalt
Die Klägerin hatte eine Klage erhoben, die Beklagte daraufhin die Einrede einer vertraglich vereinbarten Schiedsklausel und damit verbunden der Unzuständigkeit des angerufenen LG Heilbronn erhoben. Nachdem das Gericht auf die Unzulässigkeit der Klage hingewiesen und einen Verhandlungstermin angesetzt hatte, nahm die Klägerin ihre Klage zurück, was einen Beschluss zur Folge hatte, demzufolge die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Der Rücknahmeerklärung war ein Telefonat zwischen den beiden Parteivertretern vorausgegangen, deren Inhalt im Einzelnen streitig ist.
Seitens der Beklagten wird geltend gemacht, es habe eine telefonische Besprechung hinsichtlich des weiteren Vorgehens in dieser Sache stattgefunden, insbesondere auch im Hinblick auf ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren, und die Beklagtenvertreterin, die zuvor ausdrücklich um eine Streitbeilegung gebeten habe, sei dann aufgefordert worden, korrekte Übersetzungen der Verträge zu übermitteln, damit die Möglichkeiten eines Streitbeilegungsverfahrens ausgelotet werden können.
Mit der Beschwerde wird weiter geltend gemacht, der Rechtsstreit vor dem LG habe dadurch insgesamt erledigt werden sollen, dass ein Schiedsverfahren beim Schiedsgericht in der Türkei durchgeführt wird, folglich habe das Telefonat der Mitwirkung an einer Besprechung gedient, die auf die Vermeidung und Erledigung des Verfahrens gerichtet gewesen sei.
Demgegenüber macht die Klägerin geltend, es sei in dem Telefonat ausschließlich darum gegangen, wo das Verfahren letztlich geführt werde, ob vor dem LG Heilbronn oder vor einem Schiedsgericht in der Türkei. Um eine außergerichtliche Streitbeilegung sei es nicht gegangen.
Die Rechtspflegerin des LG hat im Rahmen des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses die geltend gemachte 1,2-Terminsgebühr abgesetzt und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die Voraussetzungen einer solchen Gebühr nicht glaubhaft gemacht.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie daher zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 11 Abs. 2 RPflG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist unbegründet.
Die Entscheidung der Rechtspflegerin des LG, die geltend gemachte Terminsgebühr nicht als erstattungsfähig anzuerkennen und daher vom festzusetzenden Betrag in Abzug zu bringen, hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Voraussetzungen der Entstehung einer Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV können im hiesigen Fall nicht festgestellt werden, sie sind nicht glaubhaft gemacht.
Der BGH hat in einer Entscheidung v. 27.2.2007 (XI ZB 38/05 [= AGS 2007, 292]) ausgeführt, dass diese Gebühr nicht schon durch ein allgemeines Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung ausgelöst und dass der Gesetzgeber mit der Anerkennung einer Terminsgebühr in Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV die außergerichtliche Streitbeilegung fördern wollte. Es geht also um das Bemühen des Rechtsanwalts um Auflösung der inhaltlichen Auseinandersetzung der beteiligten Prozessparteien. Dieser Zielsetzung widerspräche es, bereits eine Besprechung über den Ort der Austragung der unverändert bleibenden Auseinandersetzung oder über die Frage nach der Zuständigkeit von Gericht bzw. Schiedsgericht genügen zu lassen, um die Terminsgebühr auszulösen.
Soweit die Beklagte geltend macht, es sei in dem Telefonat nicht nur um die Frage Gericht – Schiedsgericht, sondern auch um eine außergerichtliche Streitbeilegung gegangen, steht dem die anderslautende, ausdrückliche Erklärung der Klägervertreterin entgegen, glaubhaft gemacht hat die Beklagte ihre Behauptung nicht. Es wurde noch nicht einmal vorgetragen, was insoweit in dem Telefonat abgesehen von der Problematik der vertraglichen Schiedsklausel konkret besprochen worden sein soll. Auch wenn die Klägervertreterin auch eine außergerichtliche Streitbeilegung gewünscht haben sollte, was sich aus dem Schreiben v. 5.12.2018 gerade nicht ergibt (darin heißt es nämlich: "... interessengerechter, wenn wir das Verfahren in Deutschland weiterführen."), so genügt dies nicht, solange – wie hier – ein entsprechender, auf Beendigung der Auseinandersetzung gerichteter Gesprächsinhalt nicht dargelegt und glaubhaft gemacht ist.
3 Anmerkung
Die Vorschrift der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV spricht nur davon, dass der Anwalt an einer Besprechung mitwirken muss, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet ist. Die Vorschrift spricht dagegen nicht davon, dass die Besprechung darauf gerichtet sein muss, den materi...