ZPO §§ 1080, 732; 567; RPflG § 20 Nr. 11; EuVTVO Art. 17, 18 Abs. 1 und 2
Leitsatz
- Gegen die Ablehnung der Bestätigung eines Versäumnisurteils als Europäischen Vollstreckungstitel ist nicht die Klauselerinnerung nach § 732 ZPO, sondern die sofortige Beschwerde statthaft.
- Wird dem Schuldner der Kostenfestsetzungsantrag erst mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss übermittelt, fehlt es an der in Art. 17 EuVTVO vorgeschriebenen Unterrichtung; dieser Verfahrensmangel ist nur geheilt, wenn dem Kostenfestsetzungsbeschluss eine – nach geltendem Recht nicht vorgeschriebene – Rechtsmittelbelehrung beigefügt war.
OLG Düsseldorf, Beschl. v 17.3.2010 – I-24 W 17/10
Sachverhalt
Die Gläubigerin erwirkte aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils des LG einen Kostenfestsetzungsbeschluss über den Betrag von 2.066,80 EUR. Dieser war erlassen worden auf den Antrag v. 13.1.2009, der dem bereits im Erkenntnisverfahren legitimierten Prozessbevollmächtigten des Schuldners zusammen mit dem am 21.1.2009 erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss gegen Empfangsbekenntnis am 29.1.2009 zugestellt wurde. Der Beschluss blieb unangefochten.
Anschließend beantragte die Gläubigerin die Bestätigung des Versäumnisurteils und des Kostenfestsetzungsbeschlusses als Europäischer Vollstreckungstitel. Dem Antrag wurde bezüglich des Versäumnisurteils entsprochen.
Durch den angefochtenen Beschluss lehnte das LG die Bestätigung für den Kostenfestsetzungsbeschluss ab, und zwar mit der Begründung, die Mindestvoraussetzungen für die Bestätigung seien nicht erfüllt und insoweit sei auch keine Heilung eingetreten. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Gläubigerin. Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist gem. §§ 1080 Abs. 2, 567 ZPO, 20 Nr. 11, 11 Abs. 1 RPflG zulässig. Da es in § 1080 ZPO um die Nichterteilung der Bestätigung geht, ist dessen Abs. 2 so auslegen, dass der Rechtsbehelf nach den genannten Vorschriften gegeben ist, nicht jedoch die Klauselerinnerung nach § 732 ZPO (so zutreffend Musielak/Lackmann, ZPO 7. Aufl., § 1080 Rn 3). Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat mit zutreffender Begründung die Bestätigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses als Europäischen Vollstreckungstitel abgelehnt, weil die Mindestvorschriften der Art. 12 ff. der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (EuVTVO) nicht eingehalten worden sind.
1. Zwar erstreckt sich die EG-Verordnung (EuVTVO) gem. deren Art. 3 Abs. 1 auf Entscheidungen über unbestrittene Geldforderungen. Was unter "Entscheidung" bzw. "Forderung im Sinn dieser Verordnung zu verstehen ist, ergibt sich aus deren Art. 4 Nr. 1, der angelehnt ist an Art. 32 EuGVVO und Nr. 2. Unter den Begriff der "Entscheidung" fällt danach auch ein Kostenfestsetzungsbeschluss, der eine Forderung auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme tituliert (so zutreffend OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 1583; offen gelassen von OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.8.2009–3 W 483/09, Rpfleger 2010, 92 = OLGR 2009, 873)."
2. Darüber hinaus müssen aber gewisse "Mindeststandards" der Art. 12 ff. EuVTVO erfüllt sein. Das zu dem zu vollstreckenden Titel führende Verfahren muss den verfahrensrechtlichen Erfordernissen des 3. Kapitels der Verordnung genügen, insbesondere muss sichergestellt sein, dass dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt worden ist (vgl. OLG Stuttgart a.a.O.; Wagner, NJW 2005, 1157). Das war hier nicht der Fall.
a) Der Kostenfestsetzungsantrag wurde als verfahrenseinleitendes Schriftstück des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht unter Beachtung der Art. 13 bis 17 EuVTVO dem Schuldner vor Erlass des Beschl. v. 21.1.2009 zugestellt. Vielmehr wurde er seinen Prozessbevollmächtigten erst mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
b) Eine Heilung der Verletzung dieser Mindestvorschriften ist nicht gem. Art. 18 EuVTVO eingetreten, wie die Rechtspflegerin zutreffend ausgeführt hat.
Zwar ermöglicht Art. 18 Abs. 1 EuVTVO eine Heilung sämtlicher Verfahrensmängel im Hinblick auf Zustellung und Unterrichtung (Art. 13 bis 17 EuVTVO). Voraussetzung hierfür wäre aber nicht nur die – hier erfolgte – Zustellung der Entscheidung (Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) EuVTVO), sondern auch eine Rechtsmittelbelehrung (Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) EuVTVO) und die Versäumung der Rechtsmitteleinlegung (Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) EuVTVO). Da in der ZPO eine Rechtsmittelbelehrung nach § 338 ZPO nur bei Erlass eines Versäumnisurteils vorgesehen ist und dementsprechend dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht beigefügt war, käme hier allenfalls eine Heilung nach Art. 18 Abs. 2 EuVTVO in Betracht (vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 2009, 934 Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., Art. 18 EuVTVO Rn 2; Musielak/Lackmann a.a.O., Art. 18 EuVTVO Rn 1 und 2). Danach können allerdings nur Zustellungsmängel nach Art. 13 und ...