ZPO § 91a
Leitsatz
Erklären die Parteien eine vor dem unzuständigen Gericht erhobene, in der Sache aber begründete Unterlassungsklage übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt, nachdem der Beklagte die Unzuständigkeit gerügt und sodann eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, sind die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen.
BGH, Beschl. v. 18.3.2010 – I ZB 37/09
Sachverhalt
Die Klägerin hat die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, wegen eines nach Ansicht der Klägerin wettbewerbswidrigen Werbeschreibens abgemahnt. Der Beklagte zu 2) hatte es abgelehnt, für die Beklagte zu 1) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die gegen beide Beklagte gerichtete Unterlassungsklage wurde nicht beim zuständigen LG Potsdam, sondern beim LG Neuruppin eingereicht. In der Klageerwiderung haben die Beklagten dessen örtliche Zuständigkeit gerügt und gleichzeitig strafbewehrte Unterlassungserklärungen überreicht. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.
Das LG Neuruppin hat die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Beschwerdegericht ausgesprochen, dass die Beklagten die Kosten zu tragen haben.
Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Sie begehren weiterhin, die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist die Überprüfung der von dem Beschwerdegericht vertretenen Auslegung des § 91a ZPO, nicht diejenige der Beurteilung der Erfolgsaussichten des übereinstimmend für erledigt erklärten Anspruchs, welcher der Kostenentscheidung zugrunde liegt (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.2006 – IX ZR 66/05, NJW 2007, 1591, 1593; Urt. v. 22.11.2007 – I ZR 12/05, GRUR 2008, 357 = WRP 2008, 499 – Planfreigabesystem; Urt. v. 25.11.2009 – VIII ZR 322/08, WM 2010, 156).
Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Kostenregelung der ZPO beruhe auf dem Gedanken, dass diejenige Partei eines gerichtlichen Verfahrens dessen Kosten zu tragen habe, die den Grund für die Inanspruchnahme des Gerichts gesetzt habe. Dies sei im Rahmen der Ermessensentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen. Deshalb komme es dabei nicht ausschließlich auf die Erfolgsaussicht der Klage im Zeitpunkt der Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen an. Es sei nicht gerechtfertigt, dass der Kläger ohne weiteres die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, weil der Rechtsstreit vor dem örtlich unzuständigen Gericht für erledigt erklärt worden sei. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung vor dem unzuständigen Gericht könne der Kläger die Verweisung an das zuständige Gericht nicht mehr erreichen, obwohl der Zulässigkeitsmangel bei Fortführung des Rechtsstreits ohne weiteres zu beseitigen gewesen wäre. Dies führe zu einer mit dem Grundgedanken des Kostenrechts unvereinbaren Schlechterstellung des Klägers. Es entspreche deshalb billigem Ermessen, im vorliegenden Fall die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten aufzuerlegen. Diese hätten durch ihre Weigerung, vorgerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, die Klageerhebung als angemessene Reaktion der Klägerin und damit auch die Kosten des Rechtsstreits ausgelöst. Die Anrufung des unzuständigen Gerichts habe dagegen keine Kosten verursacht.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Nach Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen hatte das örtliche unzuständige LG Neuruppin gem. § 91a Abs. 1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden (OLG Hamm NJW-RR 1994, 828; OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 955; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91a Rn 58 "Verweisung").
b) In Rspr. u. Lit. wird die Frage unterschiedlich beantwortet, ob die Kosten des Rechtsstreits ohne weiteres dem Kläger aufzuerlegen sind, wenn nach Klage vor dem unzuständigen Gericht die Parteien übereinstimmende Erledigungserklärungen abgeben, oder ob in diesem Fall für die Kostentragung der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens nach Verweisung an das zuständige Gericht maßgeblich ist.
aa) Eine Ansicht will die Erfolgsaussicht der Klage schon deshalb verneinen, weil sie vor einem unzuständigen Gericht erhoben wurde (OLG Hamm NJW-RR 1994, 828; OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 955; OLG Dresden OLG-NL 1998, 17 f.; Becht, MDR 1990, 121). Nach § 91a ZPO sei der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung Grundlage der zu treffenden Kostenentscheidung. Dies schließe es aus, in die Beurteilung den hypothetischen Verlauf eines Prozesses nach Erteilung eines gerichtlichen Hinweises und entsprechendem Verhalten des Klägers einzubeziehen. Die Berücksichtigung des hypothetischen Verfahrensverlaufs lasse sich nicht auf Fälle fehlender örtlicher Zuständigkeit des angerufenen...