FamFG § 224 Abs. 3; FamGKG § 50; VersAusglG § 18
Leitsatz
- Auch dann, wenn nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ein Versorgungsausgleich nicht durchzuführen ist, ist insoweit ein Wert festzusetzen.
- Ost- und West-Renten gelten als ein Anrecht i.S.d. § 50 FamGKG.
AG Erfurt, Beschl. v. 16.6.2010–36 F 47/10
Aus den Gründen
Es ist von einem Netto-Einkommen der Ehefrau von 958,00 EUR und des Ehemannes von 738,30 EUR auszugehen. Das in drei Monaten erzielte Netto-Einkommen der Eheleute ergibt einen Verfahrenswert für die Ehesache in Höhe von 5.088,90 EUR.
Die Bestimmung des Verfahrenswertes für die Folgesache Versorgungsausgleich richtet sich nach § 50 Abs. 1, 1. Alt. FamGKG. Der Verfahrenswert beträgt für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Netto-Einkommens der Eheleute. Es ist vorliegend von drei Anrechten auszugehen und zwar den beiden Anrechten der Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie dem Anrecht der Ehefrau bei der Deutschen Ring Lebensversicherungs-AG.
Es kommt nicht darauf an, ob tatsächlich ein Anrecht ausgeglichen wird. Auch Anrechte, wie das der Ehefrau bei der D-AG, das nach § 18 VersAusglG nicht ausgeglichen wird, sind zu berücksichtigen. Das Gesetz unterscheidet bei der Festsetzung des Verfahrenswertes insofern nicht danach, ob ein Anrecht ausgeglichen wird oder nicht.
Die Anrechte der Eheleute bei der gesetzlichen Rentenversicherung in Form von angleichungsdynamischen und regeldynamischen Anrechten sind bei der Festsetzung des Verfahrenswertes als ein einheitliches Anrecht und nicht als zwei verschiedene Anrechte zu behandeln.
Die unterschiedlichen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Form der angleichungsdynamischen und der regeldynamischen Anwartschaften können zwar wegen der unterschiedlichen Dynamik nicht miteinander saldiert werden, allerdings sind beide Anwartschaften auf die gleiche Weise entstanden, nämlich durch die Abführung des gesetzlichen Sozialversicherungsbeitrages durch den Arbeitgeber auf der Basis des jeweiligen Arbeitsentgelts. Nur der Ort der Entstehung ist unterschiedlich.
Bei der Festsetzung des Verfahrenswertes sind die regeldynamischen und angleichungsdynamischen Anrechte der Eheleute als Einheit zu betrachten. Im Versorgungsfall wird eine einheitliche Rente hieraus berechnet und gezahlt. Es ist deshalb im Regelfall nicht angebracht, die einerseits im alten Bundesgebiet, andererseits in den neuen Bundesländern erworbenen Teile der gesamten Anwartschaft gesondert zu betrachten. So ist auch im Rahmen des § 18 VersAusglG bei der Bestimmung, ob ein Anrecht wegen Geringfügigkeit auszugleichen oder nicht auszugleichen ist, anerkannt, dass grundsätzlich eine Saldierung zu erfolgen hat (OLG Celle, Beschl. v. 4.3.2010–10 UF 282/08).
Weiter ist zu berücksichtigen, dass eine Trennung beider Anwartschaftsarten nur deswegen erfolgt, weil sie einer unterschiedlichen Dynamik unterliegen. Die in den neuen Bundesländern erworbenen Anwartschaften unterliegen einer höheren Dynamik und damit einer höheren Wertsteigerung als eine entsprechende in den alten Bundesländern erworbene gesetzliche Rentenanwartschaft. Diese besondere Ausgleichsdynamik führt dazu, dass ein Anrecht nach Abschluss der Einkommensangleichung in beiden Teilen Deutschlands den gleichen Wert haben wird wie ein in den alten Bundesländern erworbenes Anrecht. Nur deswegen sind Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) aufgrund ihrer unterschiedlichen Wertigkeit als verschiedenartige Bezugsgrößen i.S.d. § 5 Abs. 1 VersAusglG zu behandeln und getrennt voneinander auszugleichen (OLG Celle, a.a.O. m. w. Nachw.).
Es ist deswegen davon auszugehen, dass regeldynamische und angleichungsdynamische Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung verfahrenskostenrechtlich als Einheit zu betrachten sind.