Es wird gespart. Nicht nur in privaten und öffentlichen Haushalten haben die Rotstifte zur Reduzierung von Ausgaben Hochkonjunktur. Auch viele Gerichte greifen zunehmend und dazu leider willkürlich in Gebührentatbestände ein und versuchen sich in dem Bestreben, anwaltliche Umsätze zu reglementieren, selbst wenn die Gesetzeslage eindeutig ist. Die verfahrenswert- und damit gebührenmäßige Bewertung von Anrechten im Versorgungsausgleich bietet neuerdings ein solches Betätigungsfeld.
22 Jahre nach der Wiedervereinigung haben die rentenrechtlichen Unterschiede in Ost und West infolge nicht vollzogener Angleichung der Erwerbseinkommen leider noch immer Bestand. Arbeitsentgelte Ost sind "bis zur Vereinheitlichung der Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland" höher zu bewerten als solche im Westen. Mit dem Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) wurden die Anwartschaften der Versicherten in den neuen Bundesländern zwar in das System der gesetzlichen Rentenversicherung überführt und im Grundsatz war damit in den alten und neuen Bundesländern ein einheitliches Rentenrecht hergestellt. Das RÜG sieht vor, dass "bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse" die rentenrechtlich maßgeblichen Rechengrößen und Verfahrensweisen für die neuen und alten Bundesländer differenziert festgelegt und angewendet werden müssen. Ost- und West-Anrechte sind im Versorgungsausgleich daher gesondert zu ermitteln, es ist ein selbstständiger Ausgleichswert festzustellen und deshalb sind es auch ohne jeden Zweifel gesonderte Anrechte im Sinne des § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG.
Wie das OLG Brandenburg (AGS 2011, 393, in diesem Heft) vom Gegenteil ausgehen kann, ist nur damit zu erklären, dass es den unterschiedlichen Bezugsgrößen und dem klaren Gesetzeswortlaut des § 120f Abs. 2 SGB VI bisher nicht auf den Grund gegangen ist. § 120f Abs. 1 SGB VII bestimmt zwar grundsätzlich, dass die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte solche gleicher Art i.S.d. § 10 Abs. 2 des VersAusglG sind. Nach § 120f Abs. 2 SGB VI gelten allerdings die im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet erworbenen Anrechte als solche ungleicher Art i.S.d. § 10 Abs. 2 des VersAusglG, solange einheitliche Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland noch nicht hergestellt sind. Deutlicher geht es nicht. Maßgebend ist insoweit die Auffassung des OLG Nürnberg (AGS 2011, 393, in diesem Heft), das angleichungs- und nichtangleichungsdynamische Anwartschaften mit zutreffender Begründung als separate Anrechte i.S.d. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG ansieht und sich damit den zutreffenden Auffassungen des OLG Jena (AGS 2010, 352) und des OLG Stuttgart (AGS 2010, 399) anschließt.
Auch das Bestreben des OLG Brandenburg, Anwartschaften, deren Ausgleich dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten bleibt, beim Verfahrenswert im Scheidungsverbundverfahren gar nicht zu berücksichtigen, entfernt sich weit von einer richtigen Auslegung des § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Denn bei einer Vielzahl dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehaltener Anrechte kommt es gar nicht zum Ausgleich, sei es, weil der Berechtigte die Anrechte vergessen hat oder er den Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Ausgleich erfüllt sind, nicht mehr erlebt. Dann aber hätten sich Gericht und Verfahrensbevollmächtigte mit einem Anrecht prüfend auseinandergesetzt, ohne dass für diese Tätigkeit jemals eine Bewertung erfolgen könnte. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG trifft keine Unterscheidung und will jedes Anrecht, das im Versorgungsausgleichsverfahren bekannt geworden ist, bewerten. Es kommt nicht darauf an, ob es ausgeglichen wird. Maßgebend für die Bewertung ist seine Existenz.
Entgegen der Auffassung des OLG Hamburg (AGS 2011, 390, in diesem Heft) ist auch davon auszugehen, dass der sich rechnerisch im Versorgungsausgleich ergebende Regelwert vertretbar ist. Der Gesetzgeber will korrigierende Billigkeit nach § 50 Abs. 3 FamGKG aber ausschließlich nur dann, wenn der regelrechte Wert zu Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache in einem unvertretbaren Verhältnis steht. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG bewertet den einfach gelagerten Ausgangsfall. Geringfügigkeit i.S.d. § 18 VersAusglG bedeutet Mehraufwand, weil nach pflichtgemäßem Ermessen auch zu prüfen ist, ob ein Ausgleich trotz geringen Ausgleichswerts geboten ist. Zu ermitteln ist die Vergleichbarkeit geringwertiger Anrechte und ob sie gegebenenfalls in ihrer Summe den Wert des § 18 Abs. 3 VersAusglG überschreiten. Das OLG Hamburg will Anrechte mit geringem Ausgleichswert offenbar per se auf Null reduzieren und setzt gar keinen Wert an. Ein Anrecht, für das kein Ehezeitanteil oder nur ein geringer ermittelt worden ist, kann zwar grundsätzlich abweichend vom Regelwert zu bemessen sein. Eine Nichtbewertung aber ist unzulässig. Fünf Anrechte hat das OLG Hamburg aber unberücksichtigt gelassen. Offenbar sehen die Richter sich berufen, Einfluss in anwaltliche Gebührentatbestände zu nehmen, die ihnen zu üppig ode...