Auch dann, wenn die Ehezeit nicht kurz i.S.d. § 3 Abs. 3 VerAusglG ist, wird ein Versorgungsausgleich in vielen Fällen nicht durchgeführt.
Das kann daran liegen, dass die beteiligten Eheleute vor Einreichung der Scheidung bereits eine notarielle Vereinbarung geschlossen haben, wonach wechselseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet oder dieser anderweitig geregelt worden ist.
Das Gesetz sieht auch im Falle des § 18 Abs. 1, 2 VersAusglG, wenn einzelne Anrechte einen geringen Ausgleichswert haben, oder im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 27 VersAusglG, wenn alle Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung der Anrechte abzuweichen, einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs vor.
In all diesen Fallkonstellationen (§§ 3 Abs. 3, 6, 18 Abs. 1 u. 2 sowie 27 VersAusglG), in denen ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, muss das Gericht dies ausdrücklich in der Beschlussformel feststellen (§ 224 Abs. 3 FamFG). Damit ist dann aber auch eine Entscheidung in der Versorgungsausgleichssache getroffen worden, die in materielle Rechtskraft erwächst, selbst wenn "nur" festgestellt wird, dass der Ausgleich unterbleibt. Diese Entscheidung des FamG ist auch mit der Beschwerde anfechtbar (§ 58 FamFG). Folgerichtig ist jede Anwartschaft, deren "Nichtausgleich" festgestellt wird, zu bewerten.
Diese Betrachtungsweise ist sachgerecht: Im Falle des § 3 Abs. 3 VersAusglG muss geprüft werden, ob ein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs zu stellen ist. Beim Abschluss einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich ist festzustellen, ob sie einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhält. § 18 VersAusglG fordert die Abwägung betreffend die Geringfügigkeit der betroffenen Anrechte und ob Billigkeitsgesichtspunkte den Ausgleich dennoch gebieten, damit noch nicht ausgleichungsreife Anrechte nach der Scheidung geltend gemacht werden können. Im Zusammenhang mit § 27 VersAusglG sind Ausführungen zur Unbilligkeit des Ausgleichs vorzutragen.
Überwiegend geht die Rspr. deshalb zutreffend davon aus, dass im Falle einer negativen Feststellungsentscheidung je Anrecht 10 % des dreifachen Nettoeinkommens beider Ehegatten festzusetzen sind. Nur dann, wenn Anrechte nicht ermittelt worden oder bekannt sind, ist der Mindestwert des § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG zur Bewertung heranzuziehen.
FAFamR Lotte Thiel, Koblenz