FamGKG § 50
Leitsatz
- Ost- und West-Anwartschaften gelten als eine Anwartschaft i.S.d. § 50 FamGKG.
- Anwartschaften, deren Ausgleich dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten bleibt, werden beim Verfahrenswert im Scheidungsverbundverfahren nicht berücksichtigt.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.6.2011 – 10 UF 249/10
1 Aus den Gründen
Die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 50 Abs. 1 FamGKG. Der Wert für das erstinstanzliche Verfahren ist gem. § 55 Abs. 3 FamGKG abzuändern. Denn auch der erstinstanzliche Verfahrenswert beläuft sich auf 2.340,00 EUR.
Nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Hinsichtlich dieses Einkommens kann von einem Betrag von 7.800,00 EUR ausgegangen werden, wie er durch Beschluss des AG für das Scheidungsverfahren festgesetzt worden ist. Zu Unrecht hat das AG diesen Betrag jedoch mit 80 % multipliziert. Tatsächlich ist insoweit der Faktor 30 % anzusetzen, sodass sich ein Wert von 2.340 EUR (= 7.800 EUR x 30 %) errechnet. Denn dem Versorgungsausgleich unterliegen nur drei Anrechte, zwei auf Seiten der Antragstellerin, eines auf Seiten des Antragsgegners.
Anrechte i.S.d. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG sind alle Anrechte, die eine Versorgungsart des Ehegatten darstellen, gleich, ob sie im Innen- oder Außenverhältnis erworben worden sind (Thiel, in: Schneider/Wolf/Volpert, FamGKG, § 50 Rn 10). Insoweit hat jeder der beiden Ehegatten ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung, nämlich bei der Deutschen Rentenversicherung B…. Der Umstand, dass beide Ehegatten sowohl Entgeltpunkte (West) als auch Entgeltpunkte (Ost) erworben haben, die mit Rücksicht auf §§ 10 Abs. 1 VersAusglG, 120f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI gesondert auszugleichen sind (siehe auch FamVerf/Gutjahr, § 6 Rn 76), ändert nichts daran, dass es sich jeweils nur um ein Anrecht handelt und auf der Grundlage dieses Anrechts ein Anspruch auf eine einheitliche Rente erworben (vgl. Senat, Beschl. v. 26.7.2010 – 10 UF 78/10) wird.
Über die beiden Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung hinaus ist bei der Wertfestsetzung allein das Anrecht der Antragstellerin aus der privaten Altersversorgung zu berücksichtigen. Hingegen nicht werterhöhend wirken sich die Anrechte des Antragsgegners bei dem ausländischen Versorgungsträger aus. Diese Anrechte bleiben, wie ausgeführt, dem Wertausgleich nach der Scheidung vorbehalten. Schon mit Rücksicht darauf, dass sie in einem solchen gesonderten Verfahren mit einem Anteil von 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten in die Wertberechnung eingehen, § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG, kann eine Berücksichtigung nicht bereits jetzt erfolgen.
2 Anmerkung
Die Entscheidung ist unzutreffend.
Solange sich Ost- und Westanrechte unterscheiden, insbesondere der aktuelle Rentenwert und die Beitragsbemessungsgrenze noch nicht auf den aktuellen Rentenwert und die Beitragsbemessungsgrenze West angehoben sind, Entgeltpunkte noch nicht bundeseinheitlich berechnet werden können und auf eine gesonderte Hochwertung der Entgeltpunkte in Ostdeutschland verzichtet wird, sind die jeweiligen Anrechte gesondert zu ermitteln und zu beurteilen. Ost- und Westanrechte sind bis zur Vereinheitlichung deshalb gesonderte Anrechte mit einem eigenen Ausgleichswert und der sich daraus ergebenden Folge, dass auch eine gesonderte Bewertung zu erfolgen hat.
Auch die Auffassung des OLG, Anwartschaften, deren Ausgleich dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten bleibt, beim Verfahrenswert im Scheidungsverbundverfahren nicht zu berücksichtigen, entfernt sich weit von einer richtigen Auslegung des § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG und würde im Ergebnis auch dazu führen, dass Anrechte im Einzelfall gar nicht bewertet werden.
Denn bei einer Vielzahl dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehaltener Anrechte kommt es gar nicht zum Ausgleich, sei es, weil der Berechtigte die Anrechte vergessen hat oder den Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Ausgleich erfüllt sind, nicht mehr erlebt. Dann aber hätten sich Gericht und Verfahrensbevollmächtigte mit einem Anrecht prüfend auseinandergesetzt, ohne dass für diese Tätigkeit jemals eine Bewertung erfolgen könnte.
Die Frage, ob ein Anrecht nach Grund oder Höhe noch nicht hinreichend verfestigt ist (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG), es auf eine abzuschmelzende Leistung gerichtet ist (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG), sein Ausgleich für die ausgleichsberechtigte Person unwirtschaftlich wäre (§ 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG) oder es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger besteht (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG), kann erst dann zutreffend beantwortet werden, wenn es im Zusammenhang mit der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Ausgleichs ermittelt und eingeordnet wird.
§ 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG differenziert nicht und will jedes Anrecht, das im Versorgungsausgleichsverfahren bekannt wird, bewerten. Es kommt weder darauf an, ob das Anrecht tatsächlich ausgeglichen wird noch darauf, ob...