FamFG § 113 ; ZPO §§ 121, 127, 567 ff.
Leitsatz
- Das Rechtsmittel gegen die (teilweise) Zurückweisung eines Verfahrenskostenhilfeantrags in Familienstreitsachen bestimmt sich nach den §§ 127 Abs. 2, 567 bis 572 ZPO.
- Wird die Beiordnung eines Rechtsanwalts vom Gericht abgelehnt, ist dagegen die sofortige Beschwerde statthaft, auch wenn die Entscheidung im zugehörigen Hauptsacheverfahren (hier: einstweilige Anordnung über Kindesunterhalt) nicht anfechtbar ist.
- Die Beiordnung eines Rechtsanwalts richtet sich in Familienstreitsachen nach § 121 ZPO. Es gilt das Gebot der Waffengleichheit.
BGH, Beschl. v. 18.5.2011 – XII ZB 265/10
1 Sachverhalt
Die Parteien hatten vor dem AG um Kindesunterhalt gestritten und sich schließlich in der Hauptsache geeinigt. Die Antragstellerin hat neben ihrem Unterhaltsantrag einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt und hierfür Verfahrenskostenhilfe beantragt. Das AG hat ihr Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Die Beiordnung ihrer Rechtsanwältin hat es aber abgelehnt, weil eine Beistandschaft des Jugendamts bestehe, die lediglich im Hinblick auf die Antragstellung im vorliegenden Verfahren zum Ruhen gebracht worden sei.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde.
2 Aus den Gründen
1. Das OLG hat ausgeführt, dass über den Wortlaut des § 127 Abs. 2 ZPO hinaus ein Rechtsmittel auch dann nicht eröffnet sei, wenn die Zulässigkeit des Rechtsmittels aus anderen Gründen scheitere als der nicht erreichten Berufungssumme (Senatsbeschl. BGHZ 162, 230 = FamRZ 2005, 790) und die Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt worden sei.
Lege man § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO i.d.S. aus, dann sei die Beschwerde ausschließlich in den Fällen zulässig, in denen die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zur Überprüfung stünden. Man werde aber nicht annehmen können, dass die Anwaltsbeiordnung die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Beteiligten betreffe, da der Wortlaut des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO hier eindeutig auf die in § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO genannten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abstelle.
2. Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 1 FamFG aufgrund der Zulassung durch das OLG statthaft.
§ 70 Abs. 4 FamFG steht der Statthaftigkeit nicht entgegen. Die Ausnahmeregelung bezieht sich nur auf das Verfahren über die einstweilige Anordnung selbst, nicht auf das zugehörige Verfahrenskostenhilfeverfahren. § 70 Abs. 4 FamFG hat insoweit die bereits bestehende Regelung der §§ 574 Abs. 1 S. 2, 542 Abs. 2 ZPO übernommen (Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, FamFG, 2. Aufl., § 70 Rn 28). Für das alte Recht hat der Senat die Zulässigkeit einer (sofortigen) Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren nur abgelehnt, wenn es um die Erfolgsaussicht geht, selbst in diesem Fall aber die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bejaht (Senatsbeschl. BGHZ 162, 230, 231 = FamRZ 2005, 790). An der Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde hat sich durch das neue Verfahrensrecht nichts geändert.
b) Gem. § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG sind in Familienstreitsachen (hier: Unterhaltssache nach §§ 112 Nr. 1, 231 Nr. 1 FamFG) die Vorschriften des FamFG über die Verfahrenskostenhilfe (§§ 76 bis 78 FamFG) nicht anzuwenden. Statt dessen gelten gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG die Allgemeinen Vorschriften der ZPO, mithin auch die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, welche allerdings nach § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG als Verfahrenskostenhilfe zu bezeichnen ist.
Gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO findet gegen andere als die Prozesskostenhilfe bewilligende Entscheidungen die sofortige Beschwerde statt. Zwar mangelt es an einer Verweisung auf die zugehörigen Vorschriften über die sofortige Beschwerde nach §§ 567 bis 572 ZPO, die im FamFG nicht vorgesehen ist. Hierbei handelt es sich jedoch ersichtlich um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers. Denn dieser wollte die Familienstreitsachen weitergehend den Verfahrensmaximen der ZPO unterstellen als die übrigen Familiensachen. Selbst in den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden aber nach § 76 Abs. 2 FamFG im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe die §§ 567 bis 572 ZPO entsprechende Anwendung. Die sofortige Beschwerde richtet sich demnach im Hinblick auf die Verfahrenskostenhilfe für Familienstreitsachen ebenfalls nach den §§ 567 bis 572 ZPO (so im Ergebnis auch OLG Schleswig FamRZ 2011, 131; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.4.2010 – 9 WF 41/10).
c) Nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO findet die sofortige Beschwerde nicht statt, wenn der Streitwert der Hauptsache die Rechtsmittelsumme gem. § 511 ZPO (entsprechend § 61 Abs. 1 FamFG) nicht erreicht, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Das OLG hat daraus gefolgert, dass bei nicht anfechtbarer Hauptsacheentscheidung alle anderen Entscheidungen, die nicht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Vorau...