RVG § 33 RVG VV Nr. 3101 Nr. 2
Leitsatz
- Gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV entsteht eine 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr für Verhandlungen vor Gericht zur Einigung von in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Ansprüchen. Die vorgenannte Regelung gilt, sofern es sich um die Protokollierung einer Einigung in irgendeinem "normalen" Rechtsstreit handelt. Nötig ist zwar ein Antrag auf Einigungsprotokollierung, nicht aber das Zustandekommen einer solchen Einigung. Es reichen sogar bloße Verhandlungen vor Gericht; auch ein Widerrufsvergleich reicht deshalb.
- Das Beschwerdeverfahren gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 RVG ist nicht gerichtsgebührenfrei.
LAG Hamburg, Beschl. v. 12.4.2010 – 4 Ta 5/10
1 Sachverhalt
Die Parteien hatten in dem Kündigungsrechtsstreit, der dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrunde liegt, in der Güteverhandlung einen Vergleich unter Rücktrittsvorbehalt abgeschlossen, in dem unter den Ziffern 5) und 6) die Modalitäten des Auszugs der Klägerin aus der von der Beklagten zur Verfügung gestellten "Küsterwohnung" geregelt wurden; mit der vorstehenden Regelung sollte der beim AG Hamburg-Barmbek anhängige Rechtsstreit mit erledigt werden (Nr. 7. des vorgenannten Vergleichs). In dieser Verhandlung wurde die Klägerin von ihrem ehemaligen Prozessbevollmächtigten vertreten. Von diesem Vergleich ist die Klägerin zurückgetreten. Unter dem 19.10.2009 teilte die Klägerin dem ArbG mit, dass sie sich nunmehr selbst vertrete. Mit Schriftsatz v. 19.10.2009 beantragte der ehemalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch den Gegenstandswert für die Auflösung der nicht rechtshängig mit verhandelten Küsterwohnung festzusetzen. Durch Vergleich v. 3.11.2009 wurde der Kündigungsrechtsstreit in der Weise erledigt, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2008 beendet wurde, die Parteien darüber einig sind, dass eine ordnungsgemäße Abrechnung erfolgt ist und die Beklagte an die Klägerin eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt. In der Sitzung v. 3.11.2009 setzte das ArbG auf Antrag den Gegenstandswert für die Klage und den Vergleich auf 1.260,00 EUR fest. Mit Schriftsatz v. 5.11.2009 legte der ehemalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorsorglich Beschwerde gegen den Beschluss des ArbG v. 3.11.2009 ein, worauf das ArbG durch Beschl. v. 18.11.2009 den Gegenstandswert für die mit verhandelte Küsterwohnung auf 9.408,00 EUR festsetzte. Gegen diesen Beschluss legt die Klägerin mit Schriftsatz v. 26.11.2009 Streitwertbeschwerde ein.
Das ArbG hat der Beschwerde durch Beschl. v. 4.3.2010 nicht abgeholfen. Mit Schriftsatz v. 15.3.2010 hat sich die Klägerin mit den Gründen des Nichtabhilfebeschlusses des ArbG Hamburg auseinandergesetzt. Durch Verfügung des Kammervorsitzenden v. 23.3.2010 ist der Klägerin rechtliches Gehör bis zum 9.4.2010 eingeräumt worden.
2 Aus den Gründen
1. Die Beschwerde gegen den in der Beschlussformel bezeichneten Beschluss des Arbeitsgerichts ist gem. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingelegt und der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt EUR 200,00. Die Klägerin ist Antragsberechtigte i.S.v. § 33 Abs. 2 S. 2 RVG.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Mit Recht hat das ArbG den Gegenstandswert für die verhandelte Beendigung des Wohnraummietverhältnisses in angesetzter Höhe festgesetzt. Auf Antrag des ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin hatte, da im Hinblick auf den abgeschlossenen Vergleich ein Wert für die gerichtlichen Gebühren nicht festzusetzen war, eine gesonderte Festsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG zu erfolgen.
a) Zutreffend weist das ArbG darauf hin, dass gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV eine 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr für Verhandlungen vor Gericht zur Einigung von in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Ansprüchen entsteht. Die vorgenannte Regelung gilt, sofern es sich um die Protokollierung einer Einigung in irgendeinem "normalen" Rechtsstreit handelt. Nötig ist zwar ein Antrag auf Einigungsprotokollierung, nicht aber das Zustandekommen einer solchen Einigung. Es reichen sogar bloße Verhandlungen vor Gericht; auch ein Widerrufsvergleich reicht deshalb bei Nr. 3101 VV (vgl. nur Hartmann, KostG, 38. Aufl., VV 3101 Rn 61 m.z.w.N.). Vorliegend ist ausweislich des Sitzungsprotokolls ausführlich über die Beendigung des Wohnraummietverhältnisses verhandelt worden, denn es wurde ein Vergleich unter Rücktrittsvorbehalt abgeschlossen, in dem unter den Ziffern 5. und 6. die Modalitäten des Auszugs der Klägerin aus der von der Beklagten zur Verfügung gestellten "Küsterwohnung" geregelt wurden. Von diesem Vergleich ist die Klägerin zwar zurückgetreten und in dem den Rechtsstreit beendenden Vergleich ist die Frage der Beendigung des Wohnraummietverhältnisses nicht mehr geregelt worden. Dies ist aber für das Entstehen der Verfahrensdifferenzgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 2 VV ohne rechtliche Relevanz. Mit Recht weist das ArbG ferner daraufhin, dass die vorgenannte Verfahrensdifferenzgebühr gem. Nr. 3101 Nr. 1 VV im Rahmen des anderen rechtshängigen Verfahrens ...