Die Entscheidung ist nicht richtig: Entgegen der Auffassung des OLG ist davon auszugehen, dass der sich rechnerisch ergebende Regelwert nahezu immer vertretbar ist.
Billigkeit nach § 50 Abs. 3 FamGKG soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann zum Tragen kommen, wenn das Ergebnis ansonsten nicht vertretbar ist. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG will den einfach gelagerten Ausgangsfall bewerten. Ausgehend davon ist eine Abweichung gemäß § 50 Abs. 3 FamGKG zu bestimmen. Unabdingbare Voraussetzung für eine Abweichung vom Regelwert ist also zunächst seine Festsetzung. Auszugehen hatte das OLG demgemäß von dem sich gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG ergebenden Wert in Höhe von 7.350,00 EUR.
Soweit das OLG Anrechte mit geringem Ausgleichswert "auf Null reduziert" und gar keinen Wert angesetzt hat, ist dies bereits unzulässig. Denn es entspricht gerade nicht der Billigkeit, noch verfallbare Anrechte und Anrechte, die als geringfügig i.S.d. § 18 VersAusglG einzustufen sind, von der Festsetzung des Verfahrenswerts im Versorgungsausgleich gänzlich "auszunehmen". Im Einzelfall kann ein Anrecht, für das kein Ehezeitanteil ermittelt worden oder es gering ist, abweichend vom Regelwert zu bemessen sein. Eine Nichtbewertung aber ist ausgeschlossen.
Unterbleibt ein Ausgleich mangels Ausgleichsreife oder Geringfügigkeit kann im Gegenteil nämlich von einem höheren Prüfungsaufwand und größerem Haftungsrisiko auszugehen (§ 19 VersAusglG) sein, sodass regelmäßig eher eine Erhöhung als eine Ermäßigung des Regelwerts in Betracht zu ziehen sein dürfte. Die Abweichung vom Regelwert, wie sie vom OLG umgesetzt worden ist, wird durch die Begründung des Gesetzgebers deshalb in keiner Weise getragen. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf sah vor, jedes "auszugleichende" Anrecht zu bewerten. Die endgültige Fassung bewertet nun jedes Anrecht und zwar unabhängig davon, ob es ausgeglichen wird oder nicht oder ob es ausgleichsreif ist oder noch erstarken muss.
Nach einer zutreffenden Entscheidung des OLG Schleswig rechtfertigt deshalb die Anwendung des § 18 VersAusglG grundsätzlich noch keine Herabsetzung des Regelwertes, wenn nicht noch andere Umstände hinzutreten. Gerade die Prüfung der Geringfügigkeitsklausel des § 18 VersAusglG kann nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereiten und zu einer Erhöhung des Wertes für den Versorgungsausgleich nach § 50 Abs. 3 FamGKG führen.
Nach § 18 Abs. 1 VersAusG sollen beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgeglichen werden, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Der Wertunterschied ist gem. § 18 Abs. 3 VersAusG gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 % in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV beträgt. Die Anrechte müssen insoweit überprüft werden, auch in ihrer Summe. Darüber hinaus ist zu beachten, dass unter Billigkeitsgesichtspunkten ein Ausgleich auch bei Geringfügigkeit stattzufinden hat (§ 19 Abs. 4 VersAusglG).
Das OLG stellt die Geringfügigkeit von fünf Anrechten fest und bewertet nur die beiden Anrechte, die es auch tatsächlich ausgeglichen hat. Als "weiteren Umstand", der dies rechtfertigen soll, führt es an, dass die Ehezeit nur geringfügig den sich aus § 3 Abs. 3 VersAusglG ergebenden Zeitraum überschreitet. Seine Begründung trägt nicht. Denn die Ehezeit war tatsächlich nicht kurz und fünf ermittelte Anrechte im Versorgungsausgleich sind nicht einfach unter den Tisch zu kehren.
FAFamR Lotte Thiel, Koblenz