FamGKG § 50 Abs. 1, Abs. 3
Leitsatz
Ein Verfahrenswert für eine Folgesache Versorgungsausgleich ist gem. § 50 Abs. 3 FamGKG herabzusetzen, wenn der Ausgleichswert und der im Verfahren aufgewandte Zeitaufwand gering sind und mehrere Versorgungen wegen Geringfügigkeit nicht berücksichtigt werden, sodass der gem. § 50 Abs. 1 FamGKG regelgerecht berechnete Wert unverhältnismäßig hoch wäre.
OLG Hamburg, Beschl. v. 15.3.2011 – 10 WF 137/10
1 Sachverhalt
Mit der Beschwerde wendet sich die Vertreterin der Antragstellerin gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes für die Folgesache Versorgungsausgleich unter Anwendung der Billigkeitsklauseln des § 50 Abs. 3 FamGKG.
In der Ehezeit v. 1.8.2006 bis zum 31.10.2009 haben die Eheleute Anwartschaften bei insgesamt sieben Versorgungsträgern erworben.
Der Versorgungsausgleich wurde nur im Hinblick auf die gesetzliche Rentenversicherung durchgeführt, im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung und die Anrechte aus Privatversicherungen wurde gem. § 18 VersAusglG wegen Geringfügigkeit von einem Ausgleich abgesehen.
Die Vertreterin der Antragstellerin hat beantragt, den Wert des Versorgungsausgleichs auf 7.350,00 EUR festzusetzen, nämlich auf 7 x 10 % des Verfahrenswertes der Ehesache i.H.v. 10.500,00 EUR. Das FamG hat den Verfahrenswert des Versorgungsausgleichs auf 2.100,00 EUR festgesetzt und die Herabsetzung gem. § 50 Abs. 3 FamGKG damit begründet, dass vorliegend die regelgerechte Festsetzung unbillig wäre.
Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Gem. § 50 Abs. 3 FamGKG kann das Gericht einen niedrigeren Wert festsetzen, wenn die Festsetzung des Wertes nach Abs. 1 dieser Vorschrift unbillig wäre. Zutreffend hat das FamG den Verfahrenswert für die Folgesache Versorgungsausgleich auf 2.100,00 EUR festgesetzt.
Anders als nach den Regelungen des § 49 GKG und des § 99 KostO a.F. ist für die Wertfestsetzung im Versorgungsausgleich die Höhe des Einkommens der Beteiligten und die Zahl der auszugleichenden Versorgungen maßgeblich. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, sollte mit dieser Neuregelung dem erhöhten Arbeitsaufwand sowohl für die Rechtsanwälte als auch für die Gerichte Rechnung getragen werden. Das Gericht kann aber nach § 50 Abs. 3 FamGKG den Wert niedriger festsetzen, wenn der regelgerecht ermittelte Verfahrenswert in keinem angemessenen Verhältnis zum Umfang, zur Schwierigkeit und zur Bedeutung der Sache mehr steht (BT-Drucks 16/10144, S. 110 ff.; Thiel, in: Schneider/Wolf/Volpert, FamGKG, 2010, § 50 Rn 22). Dabei ist die Anwendung dieser Härteklausel auf Ausnahmefälle zu beschränken (Dörndorfer, in: Binz/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl. 2009, § 50 Rn 6). Ein solcher Ausnahmefall ist nicht ohne weitere Anhaltspunkte gegeben, wenn gem. § 18 VersAusglG wegen Geringfügigkeit vom Ausgleich abgesehen wird (OLG Schleswig, Beschl. v. 30.8.2010 – 10 WF 156/10).
Vorliegend wäre jedoch die regelgerechte Festsetzung des Verfahrenswerts auf 7.350,00 EUR unbillig. Die Sache hat keinen besonderen Aufwand erfordert. Die Eheleute haben mit sieben Versorgungen eine vergleichsweise hohe Zahl von gem. § 50 Abs. 1 FamGKG zu berücksichtigenden Ausgleichsansprüchen. Nur die beiden Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind in den Versorgungsausgleich eingegangen, wobei auch dort der Ausgleichswert insgesamt niedrig ist. Die fünf weiteren Versorgungen haben Werte, die deutlich unter der Grenze für die Geringfügigkeit gem. § 18 Abs. 3 VersAusglG zurückbleiben. Die Ehezeit lag mit drei Jahren und drei Monaten nur knapp unter der Grenze des § 3 Abs. 3 VersAusglG.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist nicht richtig: Entgegen der Auffassung des OLG ist davon auszugehen, dass der sich rechnerisch ergebende Regelwert nahezu immer vertretbar ist.
Billigkeit nach § 50 Abs. 3 FamGKG soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann zum Tragen kommen, wenn das Ergebnis ansonsten nicht vertretbar ist. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG will den einfach gelagerten Ausgangsfall bewerten. Ausgehend davon ist eine Abweichung gemäß § 50 Abs. 3 FamGKG zu bestimmen. Unabdingbare Voraussetzung für eine Abweichung vom Regelwert ist also zunächst seine Festsetzung. Auszugehen hatte das OLG demgemäß von dem sich gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG ergebenden Wert in Höhe von 7.350,00 EUR.
Soweit das OLG Anrechte mit geringem Ausgleichswert "auf Null reduziert" und gar keinen Wert angesetzt hat, ist dies bereits unzulässig. Denn es entspricht gerade nicht der Billigkeit, noch verfallbare Anrechte und Anrechte, die als geringfügig i.S.d. § 18 VersAusglG einzustufen sind, von der Festsetzung des Verfahrenswerts im Versorgungsausgleich gänzlich "auszunehmen". Im Einzelfall kann ein Anrecht, für das kein Ehezeitanteil ermittelt worden oder es gering ist, abweichend vom Regelwert zu bemessen sein. Eine Nichtbewertung aber ist ausgeschlossen.
Unterbleibt ein Ausgleich mangels Ausgleichsreife oder Geringfügigkeit kann im Gegenteil nämlich von einem höheren Prüfungsaufwand und größerem Haftungsrisiko auszugehen (§ 19 VersAusglG) sein, sodass reg...