ZPO §§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 767
Leitsatz
Der Wert des Beschwerdegegenstandes eines erstinstanzlich unterlegenen Beklagten einer Vollstreckungsabwehrklage richtet sich danach, inwieweit die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt worden, er durch den rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung mithin materiell belastet ist (Bestätigung BGH, 2.7.2009 – V ZB 40/09, NJW-RR 2009, 1431).
BGH, Beschl. v. 27.1.2011 – VII ZB 21/09
1 Sachverhalt
Nach einem Kostenfestsetzungsbeschluss aufgrund eines Vorprozesses zwischen den Parteien haben die Kläger als Gesamtschuldner an die Beklagte 3.438,38 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Nach Zahlung eines Betrages von 2.451,05 EUR durch die Kläger betrieb die Beklagte wegen des noch offenen Betrages von 987,33 EUR nebst Zinsen die Zwangsvollstreckung. Diese hielten die Kläger wegen Gegenansprüchen für unberechtigt und erhoben deshalb die Vollstreckungsabwehrklage. Noch vor Zustellung der Klage hatte die Beklagte den Restbetrag aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss bis auf einen kleinen Betrag, nach ihrer Behauptung i.H.v. 0,04 EUR, vollstreckt.
Das LG hat die Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Gegenforderung für unzulässig erklärt und die Beklagte zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses an die Kläger verurteilt. Das OLG hat die Berufung der Beklagten mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde, die Erfolg hatte.
2 Aus den Gründen
Das Berufungsgericht meint, der Wert des Beschwerdegegenstandes der Beklagten ergebe sich nur noch in der Höhe, in der die Forderung nicht getilgt sei. Nach ihrem eigenen Vortrag betreffe diese einen Betrag von 0,04 EUR zuzüglich eventuell anfallender Kosten. Die Auffassung der Beklagten, infolge der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung sei sie in Höhe des Betrages von 987,33 EUR zuzüglich Zinsen beschwert, treffe nicht zu. Die Vollstreckungsabwehrklage habe keine rechtskräftige Feststellung des Nichtmehrbestehens des materiell-rechtlichen Anspruchs zum Inhalt.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Das Berufungsgericht ist von der Rspr. des BGH abgewichen (vgl. Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, NJW-RR 2006, 1146 m.w.N.).
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten rechtsfehlerhaft als unzulässig verworfen; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600,00 EUR. Er beträgt 987,33 EUR.
a) Der Wert des Beschwerdegegenstandes eines erstinstanzlich unterlegenen Beklagten einer Vollstreckungsabwehrklage richtet sich danach, inwieweit die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt worden ist, er durch den rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung mithin materiell belastet ist (BGH, Beschl. v. 2.7.2009 – V ZB 40/09, NJW-RR 2009, 1431 m.w.N.). Insoweit kommt es, wie bei dem Wert der Vollstreckungsabwehrklage, allein darauf an, in welcher nominellen Höhe nach dem erstinstanzlichen Urteil die Vollstreckbarkeit des Titels beseitigt werden soll. Unerheblich ist, ob die titulierte Forderung ganz oder teilweise getilgt ist und ob dies ganz oder teilweise im Verlauf des Prozesses unstreitig wird (vgl. BGH, Beschl. v. 9.2.2006 – IX ZB 310/04, a.a.O., Rn 9 m.w.N.).
b) Nach diesen Grundsätzen ist es verfehlt, darauf abzustellen, in welcher Höhe die Beklagte noch vollstrecken will. Vielmehr ändert die bereits erfolgte Tilgung nichts an der im Nennbetrag im Titel ausgewiesenen Vollstreckbarkeit der Forderung, die mit der Klage angegriffen und mit dem Urteil beseitigt worden ist. Darauf hat auch die Beklagte zutreffend in der Berufungsinstanz hingewiesen. Auf die weiteren Erwägungen im Zusammenhang mit der Forderung der Klägerin auf Rückzahlung des vollstreckten Betrages kommt es nicht an.
Damit ist lediglich die Beschränkung der Kläger auf den Hauptsachebetrag von 987,33 EUR zu berücksichtigen.
c) Keinen Bedenken begegnet es dagegen, dass das Berufungsgericht der daneben erfolgten Verurteilung zur Herausgabe des Vollstreckungstitels keinen eigenständigen Wert beigemessen hat. Hier ist in der Regel maßgeblich das Interesse des Schuldners an dem Besitz des Vollstreckungstitels, das nach einer erfolgreichen Vollstreckungsabwehrklage darauf gerichtet ist, einen Missbrauch des Titels durch den Gläubiger zu verhindern (BGH, Beschl. v. 9.6.2004 – VIII ZB 124/03, NJW 2004, 2904). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Herausgabeklage erst nach Erlass eines Urteils, durch das die Vollstreckung für unzulässig erklärt worden ist, oder gleichzeitig mit der Vollstreckungsabwehrklage erhoben wird. Die Bewertung des Herausgabeverlangens muss umso niedriger ausfallen, je geringer die Gefahr eines Missbrauchs des Titels im Einzelfall ist (BGH, Beschl. v. 9.6.2004 – VIII ZB 124/03, a.a.O., m.w.N.). Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht ein solches Missbrauchsrisiko nicht in Erwäg...