ZPO §§ 567, 269 Abs. 5 FamFG §§ 243, 113, 58
Leitsatz
Die Zulässigkeit der Kostenbeschwerde nach Rücknahme des Verfahrensantrags richtet sich in Familienstreitsachen, insbesondere Unterhaltssachen, nach §§ 269 Abs. 5, 567 ff. ZPO und nicht nach §§ 58 ff. FamFG.
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 30.3.2011 – 6 WF 224/10
1 Sachverhalt
Die dreijährige Antragstellerin hat den Antragsgegner, ihren Vater, auf Zahlung monatlichen Kindesunterhaltes in Höhe von 225,00 EUR in Anspruch genommen. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem FamG hat der Antragsgegner auf eine Jugendamtsurkunde hingewiesen, die er bereits anlässlich des vorausgegangenen Vaterschaftsfeststellungsverfahrens zugunsten der Antragstellerin errichtet hatte. Ob diese Urkunde zur persönlichen Kenntnis der Kindsmutter und gesetzlichen Vertreterin gelangt war, konnte nicht festgestellt werden; die Antragstellerin war damals durch das Jugendamt als Beistand vertreten. Sie hat nach Bekanntwerden der Urkunde in vorliegendem Verfahren ihren Antrag unter Verwahrung gegen die Kosten zurückgenommen. Das FamG hat ihr aber die gesamten Kosten auferlegt; hiergegen richtet sich ihre Beschwerde, mit der Kostenaufhebung erstrebt wird.
2 Aus den Gründen
Das Rechtsmittel der Antragstellerin, über das der Senat gem. § 568 S. 2 ZPO in der im GVG vorgeschriebenen Besetzung zu entscheiden hat, ist nach Gewährung der Wiedereinsetzung zulässig und führt in der Sache zu dem erstrebten Erfolg.
Die Beschwerde ist allerdings verspätet, nämlich erst mehr als zwei Wochen nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung eingelegt worden. Nach Auffassung des Senats sind in Familienstreitsachen für Beschwerden gegen sog. isolierte Kostenentscheidungen, die ohne gleichzeitige Hauptsacheentscheidung ergehen, gem. § 113 Abs. 1 FamFG die Vorschriften der ZPO anzuwenden, hier insbesondere §§ 91a Abs. 2 und – im vorliegenden Fall einschlägig – § 269 Abs. 5, jeweils i.V.m. §§ 567 ff. ZPO. Entsprechendes muss auch für die ausschließliche Anfechtung der Kostenentscheidung in den Fällen des § 99 Abs. 2 ZPO gelten. Gem. der ZPO gilt für die Anfechtung die Zwei-Wochen-Frist nach § 569 Abs. 1 ZPO, weiterhin wird ein Beschwerdewert von – nur – 200,00 EUR vorausgesetzt (§ 567 Abs. 2) und es besteht die grundsätzliche Zuständigkeit des Einzelrichters (§ 568 ZPO).
Die Frage ist allerdings in Kommentarliteratur und obergerichtlicher Rspr. nicht unumstritten. Nach Auffassung des OLG Oldenburg, 5. Senat für Familiensachen (FamRZ 2010, 1831), handelt es sich auch hier um Endentscheidungen i.S.d. §§ 38 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG, für die folgerichtig die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG statthaft sei. Ebenso wird in der Kommentarliteratur zum Teil uneingeschränkt von der Anwendbarkeit der letztgenannten Vorschriften ausgegangen, ohne zwischen nichtstreitigen und streitigen Familiensachen zu unterscheiden (MK-FamFG § 81 Rn 78; Prütting/Helms, FamFG, § 81 Rn 32; Bork/Jacoby/Schwab, FamFG § 81 Rn 21). Dies hätte zur Folge, dass die Anfechtungsfrist einen Monat beträgt (§ 63 FamFG), ein Beschwerdewert von 600,00 EUR zu beachten (§ 61 FamFG) und grundsätzlich das Beschwerdegericht in seiner Gesamtheit zur Entscheidung berufen ist (§ 68 Abs. 4 FamFG).
Nach mittlerweile wohl h.A. sind dagegen die o.a. Vorschriften der ZPO zugrunde zu legen (OLG Hamm, Beschl. v. 2.2.2011 – 8 WF 262/10; OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.1.2011 – 15 WF 2/11; OLG Saarbrücken NJW-RR 2011, 369; OLG Oldenburg – 1. Senat für Familiensachen – FuR 2011, 112; KG NJW 2010, 3588; OLG Nürnberg FamRZ 2010, 1837; Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 58 Rn 4; Keidel, FamFG, 16. Aufl., § 58, Rn 95, 97; Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl., § 58 Rn 14; Horndasch/Viefhues, FamFG, 2. Aufl., § 82 Rn 27). Dem schließt sich auch der Senat an.
Dabei ist es aus der Sicht des Senats entscheidend, dass die entsprechenden Vorstellungen des Gesetzgebers (BT-Drucks 16/6308, S. 168; 16/12717, S. 60) durchaus mit hinreichender Deutlichkeit im Gesetzestext zum Ausdruck gekommen sind; dies zwar nicht im FamFG selbst, aber in der Anlage 1 zum FamGKG Nr. 1910. Die dort geregelte Gebühr für "... Beschwerden in den Fällen des § 71 Abs. 2, § 91a Abs. 2, § 99 Abs. 2 und § 269 Abs. 5 ZPO" wäre überflüssig, wenn das Rechtsmittelrecht der ZPO hier überhaupt nicht anwendbar wäre (so auch OLG Stuttgart a.a.O.). Das Gesetzgebungswerk des FGG-ReformG v. 17.12.2008 (BGBl I, S. 2586) ist insoweit als Einheit anzusehen. Für eine Unterhaltssache, wie sie hier vorliegt, kann dabei nichts anderes gelten, § 243 FamFG enthält abweichende Regelungen nur für den Inhalt der Kostenentscheidung, nicht aber hinsichtlich ihrer Anfechtung (vgl. insbesondere Zöller a.a.O.).
Hinsichtlich der somit versäumten kurzen Beschwerdefrist nach der ZPO ist der Antragstellerin aber nach Maßgabe von §§ 233, 236 Abs. 2 ZPO von Amts wegen die Wiedereinsetzung zu gewähren, weil die Verspätung offensichtlich auf der ihr erteilten unrichtigen – nämlich die Monatsfrist nach dem FamFG ausweisenden – Rechtsmittelbelehrung beruht (vgl. a. § 17 Abs. 2 FamFG). Der Antragstellerin wä...