§§ 47 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG
Leitsatz
- Gegen die Streitwertfestsetzung des BGH ist die Gegenvorstellung zulässig, die innerhalb der analog geltenden Frist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG einzulegen ist.
- Der Streitwert im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels bestimmt sich nach dem für das Rechtsmittelverfahren maßgebenden Wert. Maßgeblich ist dabei die Beschwer, wenn das Verfahren endet, ohne dass der Rechtsmittelführer einen Antrag oder eine fristgebundene Rechtsmittelbegründung eingereicht hat. Dabei ist allein auf die formelle Beschwer abzustellen, die sich danach richtet, in welchem Umfang die Vorinstanz von den Anträgen des Rechtsmittelführers abgewichen ist.
BGH, Beschl. v. 10.2.2021 – IV ZR 184/20
I. Sachverhalt
Der Kläger hatte vor dem LG Hamburg Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 30.974,36 EUR und außergerichtlicher Anwaltskosten jeweils nebst Zinsen zu verurteilen. Das LG Hamburg hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung beim OLG Hamburg eingelegt und seinen erstinstanzlichen Antrag zunächst weiterverfolgt. Im Verlaufe des Berufungsverfahrens hat der Kläger jedoch seinen Berufungsantrag in der Hauptsache neu dahin gefasst, dass er nur noch die teilweise Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des LG Hamburg und die Zahlung i.H.v. 18.812,02 EUR begehre. Nachdem das OLG Hamburg die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat, hat der Kläger beim BGH Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Dieses Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren endete, ohne dass der Kläger einen Antrag gestellt hatte, durch Rücknahme. Hieraufhin hat der BGH in seinem Beschl. v. 13.1.2021 den Kläger des Rechtsmittels der Nichtzulassungsbeschwerde für verlustig erklärt, ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Streitwert auf 30.974,36 EUR festgesetzt. Gegen die Streitwertfestsetzung hat der Kläger am 19.1.2021 Gegenvorstellung erhoben, die in der Sache Erfolg hatte.
II. Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren
1. Gesetzliche Grundlagen
Vorliegend hatte der BGH durch Beschl. v. 13.1.2021 den Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gem. § 63 Abs. 2 S. 1 GKG festgesetzt, weil sich das Verfahren durch die Rücknahme des Antrags des Klägers erledigt hat. Gegen den Beschluss, durch den der Streitwert festgesetzt worden ist, findet gem. § 68 Abs. 1 GKG grds. die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde in seinem Beschluss ausdrücklich zugelassen hat. Dies gilt allerdings nicht in den Fällen, in denen der BGH den Streitwert festgesetzt hat. § 68 Abs. 1 S. 5 GKG erklärt nämlich die Regelung in § 66 Abs. 3 S. 3 GKG für entsprechend anwendbar, nach der eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet. Um den Parteien die Überprüfung der Wertfestsetzung durch den BGH zu ermöglichen, hat der BGH in solchen Fällen die Gegenvorstellung als zulässig angesehen. Diese Gegenvorstellung ist allerdings nicht unbefristet. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass für die Gegenvorstellung die Frist, innerhalb der das Gericht seine Entscheidung von Amts wegen ändern kann, entsprechend gilt. Somit muss die Gegenvorstellung entsprechend § 63 Abs. 3 S. 2 GKG innerhalb von sechs Monaten erhoben werden, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat. Diese Frist hatte hier der Kläger gewahrt.
2. Streitwert im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Der BGH hat darauf hingewiesen, dass gem. § 47 Abs. 3 GKG der Streitwert im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels (hier der Revision) nach dem Streitwert für das Rechtsmittelverfahren bestimmt wird. Somit sei hier die Regelung in § 47 Abs. 1 S. 1 GKG maßgeblich, wonach sich im Rechtsmittelverfahren der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers bestimme. Da hier das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ohne Anträge des Klägers geendet habe, sei die Vorschrift des § 47 Abs. 1 S. 2 GKG heranzuziehen, wonach die Beschwer maßgebend sei. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass hierbei allein auf die formelle Beschwer abzustellen ist. Diese richte sich danach, in welchem Umfang die Vorinstanz von den Anträgen des Rechtsmittelführers abgewichen sei. Folglich sei bei der Festsetzung des Streitwertes zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen Berufungsantrag in der Hauptsache neu gefasst hatte und von der Beklagten nunmehr nur noch die teilweise Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und die Zahlung eines Teilbetrags der Klageforderung i.H.v. 18.812,02 EUR begehrt hatte. In dieser teilweisen Reduzierung des Berufungsangriffs des Klägers liegt nach den Ausführungen des BGH zugleich die Rücknahme der weitergehenden Berufung (§ 516 Abs. 1 ZPO). Folglich hat der BGH auf die Gegenvorstellung des Klägers in den Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf 18.812,02 EUR herabgesetzt.
III. Bedeutung für die Praxis
Die Kenntnis der Rspr. des BGH zur Zulässigkeit der Gegenvorstellung und ihrer Voraussetzungen ist f...