Der Entscheidung des OLG Nürnberg ist zuzustimmen.

1. Streng am Wortlaut orientierte Auslegung

Welchen Inhalt eine Kostenregelung in einem Vergleich hat, bestimmt sich nach einer strengen am Wortlaut orientierten Auslegung der Vereinbarung. Dies hat seinen Grund darin, dass das Kostenfestsetzungsverfahren dem Rechtspfleger bzw. Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragen worden ist und auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten ist. Die Klärung komplizierter materiell-rechtlicher Fragen ist daher im Kostenfestsetzungsverfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente nicht sinnvoll (BAG AGS 2015, 588 = RVGreport 2015, 388 [Hansens] = zfs 2015, 584 m. Anm. Hansens; BGH AGS 2014, 296 = RVGreport 2014, 318 [Hansens]). Folglich muss der Parteiwille zumindest andeutungsweise im Wortlaut der vergleichsweise getroffenen Kostenregelung zum Ausdruck gekommen sein (s. OLG Koblenz AGS 2016, 203; OLG Hamm JurBüro 1989, 1421). Nur eine streng am Wortlaut orientierte Auslegung der Kostenregelung führt zu einer praktikablen Handhabung des formalisierten und auf vereinfachte Prüfung zugeschnittenen Kostenfestsetzungsverfahrens.

2. Keine Heranziehung außergerichtlicher Korrespondenz

Die Auslegung der Kostenvereinbarung der Parteien im Fall des OLG Nürnberg führt dazu, dass die Beklagte zu 1 nach Nr. 8b) der Vereinbarung allein die gerichtlichen Kosten zu tragen hat, zu denen die beim Gericht angefallenen Gebühren und Auslagen (s. § 1 Abs. 1 GKG) zählen, nicht hingegen auch außergerichtliche Kosten der anderen Verfahrensbeteiligten. Diese außergerichtlichen Kosten hat nach Nr. 8a) der Vereinbarung jede Partei selbst zu tragen. Eine Beschränkung darauf, dass hierunter allein die vorgerichtlichen Anwaltskosten fallen, lässt sich dem Wortlaut der Vereinbarung nicht einmal ansatzweise entnehmen. Deshalb kann auch nicht auf die Vergleichsverhandlungen der Parteien und auch nicht auf den vom OLG Nürnberg zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen Umstände zurückgegriffen werden, den beiden Beklagten seien gar keine vorgerichtlichen Anwaltskosten angefallen. I.Ü. hätte es einer Vereinbarung, wonach die Parteien ihre eigenen vorgerichtlichen außergerichtlichen Kosten zu tragen haben, ohnehin nicht bedurft, weil derartige Kosten von der Kostenregelung im gerichtlichen Vergleich von vornherein nicht erfasst werden (s. BGH RVGreport 2005, 114 [Hansens] = AGS 2005, 100).

3. Versehen bei der Formulierung

Soweit die Klägerin in ihrer Beschwerdeerwiderung geltend gemacht hat, die Formulierung in Nr. 8a) des Vergleichs "außergerichtliche Kosten" beruhe auf einem Versehen, so hätte sie ggfs. den Vergleich insoweit anfechten müssen und einen gesonderten Rechtsstreit über die Wirksamkeit des Prozessvergleichs führen müssen. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist dies jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn sich das vermeintliche Versehen noch nicht einmal andeutungsweise im Wortlaut der vergleichsweise getroffenen Kostenregelung niederschlägt.

4. Verfahrensweise des Prozessbevollmächtigten

Die Entscheidung des OLG Nürnberg belegt erneut, dass der Prozessbevollmächtigte sein Augenmerk bei den Vergleichsverhandlungen nicht nur auf die Hauptsache richten sollte – der Vergleich im Fall des OLG Nürnberg umfasste vor der Kostenregelung immerhin sieben Positionen – sondern auch eine eindeutige Kostenregelung. Wenn die Klägerin tatsächlich – so ihre Beschwerdeerwiderung – geregelt haben wollte, dass der Beklagte zu 1 auch ihre außergerichtlichen Kosten übernimmt, so hätte ihr Prozessbevollmächtigter darauf achten müssen, dass dies im Wortlaut der Kostenregelung auch eindeutig zum Ausdruck kommt.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

AGS 8/2021, S. 374 - 375

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