Nach Auffassung des VerfGH hat das KG die Bindungswirkung des Beschlusses des VerfGH v. 22.4.2020 nicht hinreichend berücksichtigt und daher gegen Art. 1 Abs. 2 VvB i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verstoßen. Dies stelle eine Verletzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 7 VvB dar.
Nach § 30 VerfGHG binden die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes die Verfassungsorgane sowie die Gerichte und Behörden des Landes Berlin. Das BVerfG habe für die vergleichbare Bestimmung in § 31 Abs. 1 BVerfGG entschieden, dass die Entscheidungen des BVerfG eine über den Einzelfall hinausgehende Bindungswirkung insofern entfalten, als die sich aus dem Tenor und den tragenden Gründen der Entscheidung ergebenden Grundsätze für die Auslegung der Verfassung von den Gerichten in allen künftigen Fällen beachtet werden müssen (BVerfG, Beschl. v. 1.7.2020 – 1 BvR 2838/19). Dabei seien die den Tenor tragenden Entscheidungsgründe jene Rechtssätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck kommenden Gedankengang entfällt. Nicht tragend seien dagegen bei Gelegenheit der Entscheidung gemachte Rechtsausführungen, die außerhalb des Begründungszusammenhangs stehen. Bei der Beurteilung, ob ein tragender Grund vorliege, sei von der niedergelegten Begründung in ihrem objektiven Gehalt auszugehen (BVerfG, Beschl. v. 18.1.2006 – 2 BvR 2194/99). Die Nichtbeachtung der Bindungswirkung stelle einen Verstoß der in Art. 20 Abs. 3 GG statuierten Bindung der Rspr. an Recht und Gesetz dar (BVerfG, Beschl. v. 10.6.1975 – 2 BvR 1018/74).
Ein den Tenor tragender Entscheidungsgrund liege hier in der Feststellung des VerfGH, wonach die weit überdurchschnittliche Inanspruchnahme im vorbereitenden Verfahren nicht durch einen unterdurchschnittlichen Umfang oder eine unterdurchschnittliche Schwierigkeit des Hauptverfahrens vor dem Schwurgericht kompensiert worden sei. Soweit das KG erklärt, dass die Frage einer Gesamtbetrachtung der im Vorverfahren und im Hauptverfahren erworbenen Gebührenansprüche und die Möglichkeit einer Kompensation neu zu bewerten seien, stelle dies eine Missachtung der Bindungswirkung dar.
Ein weiterer den Tenor tragender Entscheidungsgrund findet sich nach Ansicht des VerfGH in der Feststellung des VerfGH, dass die Stellung des Mandanten als Hauptbelastungszeuge im Zusammenhang mit verschiedenen Tatkomplexen bei der Bewertung der weit überdurchschnittlichen Bindung des Beschwerdeführers im vorbereitenden Verfahren zu berücksichtigen gewesen sei. Soweit das KG annehme, die Vernehmung des Mandanten als Zeuge in anderen Verfahren sei keine verfahrensbezogene Tätigkeit und könne daher für die Bewilligung der Pauschgebühr nicht berücksichtigt werden, verletze es die Bindungswirkung des Beschlusses des VerfGH.
Schließlich habe der VerfGH bindend festgestellt, dass der Rechtsanwalt in der Bearbeitung anderer Mandate durch das Vorverfahren "erheblich eingeschränkt" und "überdurchschnittlich gebunden" gewesen ist. Soweit das KG erklärt, der Beschwerdeführer sei durch seine Inanspruchnahme im Vorverfahren nicht übermäßig belastet gewesen, liege hierin ein weiterer Verstoß gegen die Bindungswirkung. Auf diesen gegen die Bindungswirkung des Beschlusses des VerfGH verstoßenden Feststellungen beruhe die Annahme des KG, für das Vorverfahren sei keine über den Betrag von 812,50 EUR hinausgehende Pauschgebühr zu bewilligen.