Immer wieder gibt der elektronische Rechtsverkehr und die damit verbundene Antragstellung Anlass zur Diskussion. Während für die Antragstellung der Beratungshilfe erst seit dem 1.8.2021 eine elektronische Antragstellung möglich wurde (s. Lissner, AGS 2021, 249), bestand die Möglichkeit der elektronischen Antragstellung für die Vergütung bereits länger (s. Lissner, RVGreport 2020, 2 m.w.N.). Immer wieder – und in der gerichtlichen Praxis dabei unterschiedlich beantwortet – stellt sich bei Nutzung der elektronischen Möglichkeiten dann die Frage: "und was ist mit dem Berechtigungsschein"?.
Streitkonstellation ist gegenwärtig dabei, wie mit schriftlich erteilten Berechtigungsscheinen umgegangen werden soll, die beim Anwalt verbleiben und die dieser zur Wahrung seiner Vergütungsansprüche dann elektronisch (signiert) an das Gericht nebst Vergütungsantrag übersendet. Kurzum: Genügt die elektronische Rückübersendung (eines eingescannten Originalscheins) oder muss der Originalschein "schriftlich" zurückgesandt werden? Das Meinungsbild in der Lit. und Rspr. tendiert – anders offensichtlich als offensichtlich die Praxis – dazu, auch auf die Vorlage des Originals verzichten zu können. Das OLG Düsseldorf sieht eine Vorlage des Originalberechtigungsscheines – ebenso wie bereits zuvor das OLG Saarbrücken (Beschl. v. 16.12.2019 – 9 W 30/19) und auch das OLG Oldenburg (Beschl. v. 1.4.2022 – 12 W 25/22) – keine generelle Vorlagepflicht für den Originalberechtigungsschein, sofern der Vergütungsantrag in der Beratungshilfe elektronisch eingereicht werde.
Das OLG Düsseldorf "verfestigt" damit den sich abzeichnenden Weg der Rspr., wonach das Original nur im Ausnahmefall zur Glaubhaftmachung geforderte werden kann, nicht aber als Regelzustand. Grds. besteht zwar die Gefahr, dass es bei Nichtrückgabe des Originals des Berechtigungsscheines zu einer Mehrverwertung kommen könnte. In Zeiten hervorragender Farbkopierer lässt sich dieses Sicherheitsbedürfnis aber auch nicht mittels Rückgabe eines Originals schließen. Die Gerichte argumentieren zwischenzeitlich überwiegend, dass die Regelung des § 1 Nr. 2 BerHFV hier nicht abschließend zu betrachten sei und nachrangiges Recht darstelle. Zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs könne das Petitum der Vorlage eines Originals eines Berechtigungsscheines daher nicht stets verlangt werden.
Im Referentenentwurf einer Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung, der Beratungshilfeformularverordnung und der Verbraucherinsolvenzformularverordnung sowie zur Aufhebung der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung soll dieses Problem nun behoben werden. Die beabsichtigte Änderung dient vor allem dem Zweck, die elektronische Übermittlung des Formulars an das Gericht zu erleichtern, indem die Möglichkeit vorgesehen wird, das Vorliegen des Originals eines Berechtigungsscheins zukünftig anwaltlich zu versichern. Mit der Änderung wird auf die divergierende Rspr. reagiert.
Dipl.-RPfleger Stefan Lissner, Konstanz
AGS 8/2022, S. 375 - 376