Das FG Dessau-Roßlau hat die Verfahrensweise beim Tod des Erstattungsberechtigten zutreffend herausgearbeitet.
1. Verfahrensrechtliche Konsequenzen des Todes des Erstattungsberechtigten
Stirbt der in dem Hauptsachetitel genannte Kostengläubiger nach Rechtshängigkeit, so tritt die Rechtskraftwirkung des Urteils/des Beschlusses grds. auch für dessen Rechtsnachfolger ein. Um den dem Grunde nach zugesprochenen Kostenerstattungsanspruch durchsetzen zu können, bedarf der Rechtsnachfolger deshalb gem. § 727 ZPO einer Umschreibung des Titels. Zu seinen Gunsten muss dann eine auf ihn lautende vollstreckbare Ausfertigung des Titels erteilt werden (BGH AGS 2011, 408 = zfs 2010, 466 m. Anm. Hansens = RVGreport 2010, 267 [Hansens]; KG JurBüro 1982, 1562; OLG Karlsruhe JurBüro 1992, 747). Der Nachweis der Rechtsnachfolge im Verfahren auf Umschreibung der Vollstreckungsklausel nach den §§ 727 ff. ZPO ist im Regelfall in der Weise zu führen, dass der Rechtsnachfolger entsprechende öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden (Erbschein) vorlegt. Dies ist ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn die erstattungspflichtige Gegenpartei die Rechtsnachfolge gem. § 288 ZPO zugesteht. Die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO, wonach Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zugestanden anzusehen sind, gilt in einem solchen Fall allerdings nicht (s. BGH Rpfleger 2005, 611; OLG Saarbrücken Rpfleger 2004, 430; a.A. OLG Koblenz RVGreport 2004, 116 [Hansens]; OLG Hamburg MDR 2004, 835).
Ist die Erbfolge nicht eindeutig geklärt oder liegen die für die Umschreibung der Vollstreckungsklausel erforderlichen öffentlich oder öffentlich beglaubigten Urkunden nicht vor, hat der Prozessbevollmächtigte der verstorbenen Partei die Möglichkeit, den Kostenfestsetzungsantrag für die unbekannten Erben zu stellen. Dies hat den Vorteil, dass der Prozessbevollmächtigte für diese unbekannten Erben, zu deren Vertretung aufgrund des Fortbestandes der Prozessvollmacht berechtigt ist, einen Kostenfestsetzungsbeschluss erwirken kann und ggfs. daraus die Zwangsvollstreckung gegen den Erstattungspflichtigen betreiben kann.
2. Gebührenrechtliche Konsequenzen
Ist der bisherige Mandant – im Fall des FG Dessau-Roßlau also der Kläger A – während des Rechtsstreits verstorben, ist dieser nicht mehr als Auftraggeber anzusehen. Mit Eintritt des Erbfalls ist jeder seiner Erben Auftraggeber des Rechtsanwalts. Der Erbe muss den Auftrag gegenüber dem Rechtsanwalt somit nicht erneuern. Handelt es sich um mehrere Personen, ist somit weiterer Auftraggeber des Rechtsanwalts die Erbengemeinschaft, die eine Auftraggebermehrheit i.S.d. Nr. 1008 VV ist. Die Verfahrensgebühr erhöht sich somit nach Nr. 1008 VV so viel Mal, wie der Rechtsanwalt für mehrere Erben tätig wird (so bereits OLG Koblenz AGS 1998, 3; OLG Brandenburg AGS 2008, 21; OLG Stuttgart JurBüro 1990, 1610; OLG Köln AGS 2014, 451 = RVGreport 2014, 362 [Hansens]. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Rechtsanwalt ab dem Erbfall durch die Vertretung mehrerer Erben eine Mehrarbeit erwachsen ist. So steht dem Prozessbevollmächtigten die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV auch zu, wenn der Mandant nach Schluss der mündlichen Verhandlung, aber einige Tage vor Verkündung des Urteils verstorben ist (s. den Fall des OLG Köln, a.a.O.).
Liegen im Fall des FG Dessau-Roßlau öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden vor, aus denen sich ergibt, dass die Ehefrau des Herrn A und deren beiden gemeinsamen Kindern Erben geworden sind, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV für die Vertretung der drei weiteren Personen um den Gebührensatz von 3 x 0,3. Ist die Erbfolge hingegen nicht eindeutig erklärt und wird der Kostenfestsetzungsantrag für die unbekannten Erben gestellt, so steht zwar nicht fest, wie viele weitere Auftraggeber die Prozessbevollmächtigte hat. Es steht jedoch fest, dass die Rechtsanwältin neben dem verstorbenen Mandanten zumindest einen weiteren, wenn auch unbekannten, Erben vertreten hat. In einem solchen Fall kann dann die Festsetzung jedenfalls einer Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV mit dem Vorbehalt beantragt werden, dass ein Nachfestsetzungsantrag wegen weiterer Gebührenerhöhungen gestellt wird, wenn feststeht, dass und wie viele weitere Erben vorhanden sind.
3. Kosten des Erinnerungsverfahrens
Das FG Dessau-Roßlau hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens gegeneinander aufgehoben. Damit hat das FG zwar das Problem "umschifft", eine Entscheidung treffen zu müssen, welche Personen auf Klägerseite die Kosten zu tragen hat. Dem verstorbenen Kläger A hätte das FG nämlich die Kosten des Erinnerungsverfahrens nicht auferlegen dürfen. Und wer Erbe/n des verstorbenen Herrn A ist/sind, stand nicht fest. Unabhängig davon hätte das FG Dessau-Roßlau keine Kostenentscheidung treffen dürfen und diese Entscheidung nach Zurückgabe des Verfahrens an die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Urkundsbeamtin überlassen müssen.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 8/2022, S. 371 - 374