1. Gesetzliche Regelung
In Rechtsmittelverfahren wie hier dem Berufungsverfahren vor dem LAG Berlin-Brandenburg bestimmt sich der Streitwert gem. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Dabei werden gem. § 39 Abs. 1 GKG in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend (§ 42 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 GKG). Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet. Dies gilt gem. § 42 Abs. 3 S. 2 GKG allerdings nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen.
2. Kündigungsschutzklage und Zahlung von Annahmeverzugsvergütung
Wenn ein Arbeitnehmer – wie es hier die Klägerin getan hat – Kündigungsschutzklage erhoben hat und außerdem die Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für einen Zeitraum nach dem Ablauf der Kündigungsfrist begehrt hat, sind nach Auffassung des BAG die Streitwerte für jeden Streitgegenstand gesondert zu ermitteln. Soweit der Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage und der Streitgegenstand des Zahlungsbegehrens wirtschaftlich identisch seien, unterbleibe im Regelfall eine Zusammenrechnung. In diesem Fall ist nach Auffassung des BAG allein der höhere Streitwert maßgeblich.
3. Keine Zusammenrechnung
Gemäß § 39 Abs. 1 GKG werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Nach Auffassung des BAG steht diese Regelung nicht dem von ihm gefundenen Ergebnis entgegen, dass allein der höhere Streitwert maßgebend ist. Den Vorschriften der §§ 39 ff. GKG liege nämlich ein kostenrechtlicher Streitgegenstandsbegriff zugrunde (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, BGHZ 59, 17 = NJW 1972, 1235). Dieser müsse nicht mit dem zivilprozessualen Streitgegenstandsbegriff identisch sein (s. BGH WRP 2014, 192). Ob und inwieweit eine Identität der Streitgegenstände vorliege, bestimme sich deshalb nicht allein nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff des Zivilprozessrechts (s. BAG NZA 2021, 411), sondern sei auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten (BGH NJW-RR 2018, 331).
Das BAG hat auf die Regelung in § 42 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 GKG verwiesen, wonach bei Bestandsstreitigkeiten wie hier dem Kündigungsschutzprozess, im arbeitsgerichtlichen Verfahren – anders als in den Verfahren vor den ordentlichen Gerichten in § 42 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 GKG geregelt – fällige Beträge dem Streitwert nicht hinzugerechnet werden. Wenn man nämlich – so fährt das BAG fort – den Streitwert in Fällen der vorliegenden Art durch Addition der Werte der Bestandsschutzstreitigkeit und der Zahlung der Annahmeverzugsvergütung zusammenrechnete, würde dies zu einer unterschiedlichen Behandlung von fälligen und nicht fälligen Ansprüchen führen, wofür kein Grund ersichtlich sei. Das Additionsprinzip des § 39 Abs. 1 GKG, das für die Parteien mit höheren Gerichts- und Anwaltsgebühren verbunden ist, finde seine Rechtfertigung darin, dass einer Mehrheit von Streitgegenständen regelmäßig ein gesteigertes wirtschaftliches Interesse innewohne. Ein solches gesteigertes Interesse der Parteien besteht nach den weiteren Ausführungen des BAG jedoch dann nicht, wenn die erhobenen Ansprüche wirtschaftlich ganz oder teilweise identisch sind.
Eine solche wirtschaftliche Identität liege bei dem von der Klägerin in der Berufungsinstanz verfolgten Ansprüchen vor. Zwischen einer Bestandsschutzstreitigkeit und einem Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung bestehe nämlich regelmäßig wirtschaftliche Identität. Für die Bemessung des Streitwertes reiche somit die Bewertung des Kündigungsschutzantrages aus. Der Arbeitgeber komme nämlich durch den Ausspruch einer rechtsunwirksamen ordentlichen Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist in Annahmeverzug, ohne dass es eines Arbeitsangebots des Arbeitnehmers bedürfe. Somit stelle der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Regelfall die einzige zwischen den Parteien streitige Voraussetzung dar, von deren Vorliegen der Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung abhänge. Dies hat nach den weiteren Ausführungen des BAG zur Folge, dass das Zahlungsbegehren nicht mehr als der wirtschaftliche Annex des Feststellungsantrages sei und deshalb kein selbstständiges Interesse begründe, das eine gesonderte Berücksichtigung im Rahmen der Streitwertfestsetzung rechtfertigen könnte.
Das BAG hat offengelassen, ob im Einzelfall von dieser Regelung eine Ausnahme zu machen ist. Dies könne bspw. dann gelten, wenn der Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung ausnahmsweise nicht allein vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, sondern von weiteren Voraussetzungen abhängig sei, deren Vorliegen zwischen den Parteien streitig sei. So hat das BAG...