§§ 23 Abs. 2, 25 Abs. 1 Nr. 3, 33 RVG
Leitsatz
Der Gegenstandswert eines Beschwerdeverfahrens gegen die Verhängung eines Zwangsgelds richtet sich nach der Höhe des verhängten Zwangsgelds.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 1.6.2023 – 26 W 1/23
I. Sachverhalt
Die Schuldnerin hatte sich in einem gerichtlichen Vergleich zur Kürzung einer Grenzbepflanzung verpflichtet. Nachdem die Schuldnerin dieser Verpflichtung nicht nachgekommen war, hatte das LG auf Antrag der Gläubiger ein Zwangsgeld i.H.v. 500,00 EUR, ersatzweise einen Tag Zwangshaft, verhängt. Gegen diesen Beschluss hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde erhoben, die Erfolg hatte. Auf Antrag der Schuldnerin hat das OLG den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gem. § 33 RVG auf 500,00 EUR festgesetzt.
II. Wertfestsetzung nach § 23 Abs. 3 RVG
Die Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach der Auffangregelung des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG, da der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit in die Zwangsvollstreckungssachen betreffenden Rechtsmittelverfahren in § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG nicht geregelt ist. Nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen. Jedenfalls im Beschwerdeverfahren entspricht es dabei dem Interesse des Rechtsmittelführers, den Gegenstandswert nach der Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes zu bemessen (LAG Hamm, Beschl. v. 24.9.2007 – 10 Ta 692/06; OLG Celle AGS 2014, 306 = JurBüro 2014, 437 = MDR 2014, 1170 = RVGreport 2014, 284; Schneider, NZFam 2020, 513). Dies gilt zumindest dann, wenn der Rechtsmittelführer – wie hier – nicht nur eine Herabsetzung des Zwangsgelds, sondern eine Aufhebung des das Zwangsgeld festsetzenden Beschlusses begehrt. Daher ist der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Beschwerdeverfahren auf 500,00 EUR festzusetzen.
III. Bedeutung für die Praxis
1. Wertfestsetzung in der Zwangsvollstreckung
a) Keine Streitwerte, da bei Gericht Festgebühren
In der Zwangsvollstreckung werden bei Gericht Festgebühren erhoben (Nr. 2111 GKG KV), sodass es keine Streitwerte gibt, obwohl solche Werte von den Gerichten unzulässigerweise häufig festgesetzt werden.
b) Fehlerhafte Wertfestsetzungen sind aufzuheben
Ergehen solche Wertfestsetzungen, sind sie auf Beschwerde zur Vermeidung eines Rechtsstreits aufzuheben (VGH München AGS 2015, 131 = RVGreport 2015, 156; AGS 2017, 139 = NJW-Spezial 2017, 221), abgesehen davon, dass sie ohnehin gegenstandslos sind (OLG Karlsruhe NJW-RR 2009, 1366).
c) Gegenstandswertfestsetzung für Anwaltsgebühren
aa) Festsetzung nach § 33 RVG
Da sich allerdings die Anwaltsgebühren gem. § 2 Abs. 1 RVG nach dem Gegenstandswert berechnen, ist insoweit eine gesonderte Wertfestsetzung erforderlich. Diese Wertfestsetzung ergeht dann aber im Verfahren nach § 33 RVG auf Antrag einer Partei oder eines Anwalts.
bb) Bewertung nach § 25 RVG
In Verfahren auf Festsetzung eines Zwangsgeldes richtet sich der Gegenstandswert dabei gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG nach dem Interesse des Gläubigers. Dies entspricht in Zwangsgeldverfahren dem Hauptsacheinteresse, da die Zwangsvollstreckung der Durchsetzung des Hauptsacheanspruchs dient (OLG Naumburg AGS 2015, 523; OLG Karlsruhe ErbR 2016, 103).
2. Werte im Beschwerdeverfahren
a) Keine Streitwerte, da bei Gericht Festgebühren
Auch in den vollstreckungsrechtlichen Beschwerdeverfahren werden bei Gericht Festgebühren erhoben (Nr. 2121 GKG KV), sodass es auch hier keinen Streitwert gibt.
Für Beschwerdeverfahren gilt § 25 Abs. 1 RVG dagegen nicht. Vielmehr gilt hier die allgemeine Regelung des § 23 Abs. 2 RVG, wonach sich der Gegenstandswert im Beschwerdeverfahren nach dem Interesse des Beschwerdeführers richtet. Ergänzend wird auf § 23 Abs. 3 RVG hingewiesen. Das Interesse der Schuldnerin lag darin, das Zwangsgeld nicht zahlen zu müssen. Dieses Interesse ist mit dem Betrag des Zwangsgeldes festzusetzen.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 8/2023, S. 373