§§ 38, 42, 55 Abs. 1, Abs. 2 FamGKG; §§ 113 Abs. 1 S. 2, 137 FamFG; § 254 ZPO
Leitsatz
Wird in einem Scheidungsverfahren ein Stufenantrag zur Folgesache Güterrecht gestellt und entscheidet das FamG zunächst über die erste Stufe durch Teilbeschluss, so ist eine gesonderte Wertfestsetzung für diese Stufe unzulässig. Die Wertfestsetzung hat vielmehr einheitlich nach Abschluss des gesamten Scheidungsverfahrens zu erfolgen.
OLG Bamberg, Beschl. v. 4.7.2023 – 2 WF 7/23
I. Sachverhalt
In einem Scheidungsverfahren hatte der Antragsgegner einen Stufenantrag zur Folgesache Güterrecht eingereicht. Dabei hatte er in erster Stufe die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bezüglich der von der Antragstellerin außergerichtlich erteilten Auskünfte zum Anfangs-, Trennungs-, und Endvermögen verlangt und in zweiter Stufe einen noch unbezifferten Leistungsantrag gestellt. Mit Teilbeschluss hat das FamG den Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zurückgewiesen. Des Weiteren hat es den Hilfsantrag des Antragsgegners, mit dem er seinen Stufenantrag auf Auskunftserteilung und Belegvorlage erweitert hatte, als unzulässig zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung hat das FamG der Endentscheidung vorbehalten. Zugleich hat das FamG den Verfahrenswert der Stufe "eidesstattliche Versicherung" auf 1.000,00 EUR festgesetzt und dies auf §§ 38, 42 Abs. 1 FamGKG gestützt. Gegen diese Wertfestsetzung hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin im eigenen Namen Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Verfahrenswert in der Folgesache Zugewinn auf 900.000,00 EUR festzusetzen, da der Antragsteller außergerichtlich von einem voraussichtlichen Zugewinnausgleichsanspruch in dieser Höhe ausgegangen sei. Für die Wertberechnung eines Stufenantrags sei nach § 38 FamGKG nur einer der verbundenen Ansprüche maßgebend, und zwar der höhere. Soweit eine Stufe durch Teilbeschluss erledigt werde, sei dies gerichtsgebührenpflichtig nach § 30 FamGKG. Bei einem steckengebliebenen Stufenantrag sei als Verfahrenswert auf den Wert des Anspruchs abzustellen, den sich der Antragsteller bei Beginn des Verfahrens vorgestellt habe. Daher sei vorliegend die Wertvorstellung von 900.000,00 EUR heranzuziehen. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt.
II. Beschwerde ist zulässig
Die von der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin eingelegte Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts ist zulässig (§ 32 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 59 Abs. 1 FamGKG), denn es ist – insbesondere unter Berücksichtigung der Nichtabhilfeentscheidung – davon auszugehen, dass das FamG eine endgültige Verfahrenswertfestsetzung (§ 55 Abs. 2 FamGKG) für die Stufe "eidesstattliche Versicherung" in der Folgesache Güterrecht vorgenommen hat und nicht nur eine vorläufige Wertfestsetzung i.S.d. § 55 Abs. 1 FamGKG. Gegen eine solche endgültige Festsetzung des Verfahrenswerts ist die Beschwerde nach § 59 FamGKG statthaft.
III. Teilwertfestsetzung ist unzulässig
Die Beschwerde hat insoweit Erfolg, als die angegriffene Verfahrenswertfestsetzung dahingehend abzuändern ist, dass diese der Endentscheidung vorbehalten bleibt.
Für die Festsetzung eines Verfahrenswerts für die Stufe "eidesstattliche Versicherung" besteht weder Grundlage noch Notwendigkeit, da für den Teilbeschluss hinsichtlich der Stufe "eidesstattliche Versicherung" keine Gerichtsgebühr erhoben wird. Denn eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand i.S.d. § 55 Abs. 2 FamGKG stellt der Teilbeschluss gerade nicht dar. Erst mit der abschließenden Entscheidung über die Ehesache samt Folgesachen hat die Festsetzung des Verfahrenswerts nach § 44 FamGKG über sämtliche im Verbund stehende Gegenstände zu erfolgen. Der Teilwert der Folgesache Güterrecht wird im Falle einer bis dahin erfolgten Bezifferung nach §§ 35, 38 FamGKG zu bemessen sein. Anderenfalls werden die Grundsätze zum steckengebliebenen Stufenantrag zur Anwendung kommen.
IV. Kein Fall des § 30 FamGKG
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liegt mit dem Teilbeschluss kein Anwendungsfall des § 30 FamGKG vor. Wie sich aus dem Kostenverzeichnis zum FamGKG ergibt, wird in solchen Verfahren der ersten Instanz lediglich das Verfahren im Allgemeinen mit einer Gebühr von 2,0 bewertet (vgl. Nr. 1110 FamGKG KV). Fällig wird die Gebühr mit der Einreichung der Scheidungsantragsschrift hinsichtlich der Ehesache; Folgesachen sind nichtvorschusspflichtig (vgl. §§ 9 Abs. 1, 14 Abs. 1 FamGKG).
Mit der abschließenden Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand erfolgt die endgültige Wertfestsetzung hinsichtlich aller Gegenstände nach § 55 Abs. 2 FamGKG. Wie viele Teilbeschlüsse bis zum Verfahrensabschluss ergehen, ist für die Gerichtsgebühren unerheblich. Im Gegensatz dazu betrifft § 30 FamGKG Fälle, in denen eine Gebühr nicht für das Verfahren, sondern für eine Entscheidung erhoben wird (vgl. Schneider, in: Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 4. Aufl., 2023, § 30 Rn 13 ff., etwa für die Entscheidung über einen Antrag auf Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren oder im Bereich der Sprungrechtsbeschwerde).
V. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung wirft zwei Probleme...