§ 66 GKG
Leitsatz
- Es besteht gem. der vorrangigen Regelung in § 66 Abs. 5 S. 1 GKG kein Anwaltszwang nach § 67 Abs. 4 S. 1 VwGO für die Beschwerde gegen die Erinnerung gegen den Ansatz der Gerichtskosten.
- In dem Beschwerdeverfahren kann nur die Verletzung der zu beachtenden Kostengesetze geltend gemacht werden.
OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.5.2024 – 14 OA 79/24
I. Sachverhalt
Die Klägerin wendet sich gegen eine Kostenrechnung des VG über Gerichtskosten i.H.v. 266,00 EUR. In dem zugrundeliegenden Klageverfahren hatte das VG das Verfahren nach (Klage-)Rücknahmeerklärung der Klägerin mit Beschl. gem. 92 Abs. 3 S. 1 VwGO eingestellt und der Klägerin gem. § 155 Abs. 2 VwGO die Kosten des Verfahrens auferlegt. Den Streitwert setzte das VG auf 10.000,00 EUR. Dagegen hat sich die Klägerin nicht gewendet.
Gegen die Kostenrechnung hatte sich die Klägerin dann aber gewendet und auf § 91a ZPO verwiesen. Das VG hat die Erinnerung der Klägerin zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung hat die Klägerin Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Die Sache selbst sei nach heutigem Stand rechtlich unwirksam und verfassungswidrig. Die Kostenentscheidung sei nach § 69b GKG gem. § 1 Abs. 1 der "Verordnung für eine Gebührenermäßigung" zu treffen. Sie gehe von einem vollständigen Wegfall der Gerichtsgebühren aus.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Das OVG hat es zwar als zulässig, in der Sache aber als unbegründet angesehen.
II. Beschwerdebefugnis
Die Klägerin sei postulationsfähig; sie habe die Beschwerde selbst einlegen dürfen. Die Beschwerde nach § 66 Abs. 2 S. 1 GKG unterliege nach § 66 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 GKG nicht dem Vertretungszwang. Danach können Anträge und Erklärungen ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. Diese Regelung sei gem. § 1 Abs. 5 GKG gegenüber § 67 Abs. 4 S. 1 VwGO, wonach sich vor dem OVG die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen müssen, vorrangig (OVG Saarlouis, Beschl. v. 25.5.2021 – 2 E 68/21 m.w.N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 23.11.2018 – 13 OA 494/18; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.10.2011 – 4 So 82/11; zum Vertretungszwang im Erinnerungsverfahren: BVerwG, Beschl. v. 3.5.2022 – 5 KSt 1.22 u. v. 4.1.2019 – 1 KSt 1.19, juris Rn 3, AGS 2019, 226; OVG Lüneburg, Beschl. v. 18.4.2020 – 8 OA 13/20; OVG Bautzen, Beschl. v. 2.2.2024 – 6 A 257/22; BFH, Beschl. v. 10.11.2022 – XI E 1/22).
III. Verletzung der Kostengesetze?
1. Allgemeiner Prüfungsumfang
Im Rahmen der Begründetheit prüft das OVG zunächst, ob der Kostenansatz zu beachtende Kostengesetze verletzt. Dies allein sei im Rahmen der Beschwerde – wie bei der Erinnerung – zu prüfen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 23.11.2018 – 13 OA 494/18; zum Prüfungsumfang der Erinnerung Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl., 2024, GKG § 66 Rn 31 m.w.N.). Denn Gegenstand der Beschwerde sei die Entscheidung über die Erinnerung (BeckOK KostR/Laube, § 66 GKG Rn 231). Aus diesem Grund gehe der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts nicht über den Prüfungsumfang des VG, das über die Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG zu entscheiden hat, hinaus (BayVGH, Beschl. v. 9.3.2017 – 20 C 16.2572).
2. Konkrete Prüfung
Die Beschwerde der Klägerin enthielt nach Auffassung des OVG keine Gesichtspunkte, die die Berechnung der Gerichtsgebühren durchgreifend in Zweifel ziehen.
a) Kostschuldnerin
Die Klägerin sei gem. § 29 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 GKG Kostenschuldnerin, weil ihr das VG im Einstellungsbeschluss die Kosten des Klageverfahrens auferlegt habe. Diese Entscheidung sei nach § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar und wirksam. Ohne dass das zu prüfen wäre, sei festzuhalten, dass die Kostengrundentscheidung auch im Einklang mit § 155 Abs. 2 VwGO stehe, wonach derjenige die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, der – wie hier die Klägerin mit Schreiben v. 1.12.2022 – eine Klage i.S.d. § 92 Abs. 1 S. 1 VwGO zurücknehme. Entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrem Erinnerungsschreiben sei § 91a ZPO nicht anwendbar. Eine Erledigungserklärung liege – ungeachtet des Umstandes, dass in diesem Fall eine Entscheidung nach 161 VwGO ergehen müsste – nicht vor.
b) Ansatz der Verfahrensgebühr
Auch der Ansatz der durch die Rücknahme reduzierten (1,0-)Verfahrensgebühr von 266,00 EUR (Nr. 5111 Abs. 1 Nr. 1a) der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG KV – i.V.m. der Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 S. 3 GKG – Gebührentabelle), die dem Grunde nach bereits mit Einreichung der Klage durch die Klägerin entstanden sei (vgl. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 GKG) und die gem. § 9 Abs. 3 Nr. 1 GKG auch fällig sei, durch die Kostenbeamtin beruhe auf der rechtskräftig gewordenen Streitwertfestsetzung aus dem Einstellungsbeschluss v. 12.12.2022 auf 10.000,00 EUR und lasse der Höhe nach Rechtsfehler nicht erkennen. Solche hab die Klägerin auch nicht geltend gemacht.
c) Gebührenbefreiung wegen außergerichtlicher Konfliktbeilegung
Die Klägerin könne sich nicht auf die auf Grundlage des § 69b GKG erlassene Verordnung über den Entfall von Gerichtsgebühren bei außergerichtlicher Konfliktbeilegung (AGKBGGebEV) v. 12.6.2019 (Nds...