Nach Auffassung des OLG ist die die angefochtene Entscheidung des LG nicht zu beanstanden.
1. Bindender Beiordnungsbeschluss
Im Ansatz zutreffend gehe die Bezirksrevisorin in ihrem Beschwerdevorbringen davon aus, dass maßgebend für das Kostenfestsetzungsverfahren der insofern bindende Beiordnungsbeschluss sei (BGH, Beschl. v. 11.4.2018 – XII ZB 487/17, NJW 2018, 2047; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.5.2018 – III-1 Ws 274/17, AGS 2019, 508; OLG Koblenz, Beschl. v. 26.1.2015 – 13 WF 67/15, AGS 2015, 141). Für die Abgrenzung zwischen einem "Vollverteidiger" und einem mit einer Einzeltätigkeit beauftragten Rechtsanwalt sei gem. § 48 Abs. 1 RVG der Wortlaut der Verfügung des Vorsitzenden oder des Gerichtsbeschlusses maßgebend, durch den die Bestellung zum Pflichtverteidiger erfolgt sei (OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.1.2023 – 4 Ws 13/23, AGS 2023, 162). Dem Wortlaut des hier vorliegenden Beiordnungsbeschlusses vom 21.12.2022 sei eine Beiordnung "für den heutigen Termin", mithin die Vorführung vor den Haftrichter gem. § 115 StPO, zu entnehmen. Damit enthalte der Beschluss eine zeitliche Beschränkung auf den Termin der Vorführung. Ob eine solche Beschränkung im Hinblick auf § 143 StPO zulässig sei, könne aufgrund der Bindungswirkung des Beiordnungsbeschlusses für das Kostenfestsetzungsverfahren dahinstehen. Eine inhaltliche Beschränkung auf die Haftfrage sei dem Beschluss dagegen nicht zu entnehmen (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.2.2023 – 2 Ws 13/23, AGS 2023, 164; a.A. für den – hier nicht vorliegenden – Fall eines schon beauftragten Wahlverteidigers: OLG Stuttgart, a.a.O.).
2. Angefallene anwaltliche Tätigkeiten
Demzufolge sei bei der Festsetzung der Gebühren von der für den Termin der Vorführung erforderlichen, tatsächlich angefallenen anwaltlichen Tätigkeit auszugehen, soweit sie sich im Rahmen dieses Beiordnungsbeschlusses halte. Dies sei jedenfalls dann, wenn wie vorliegend noch kein anderer Verteidiger bestellt ist, sondern ein solcher bloß die Bereitschaft zur Übernahme der Verteidigung erklärt habe, beim Vorführungstermin jedoch verhindert sei, nicht allein die Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 VV. Nach Vorbem. 4.3 VV entstehen die Gebühren für einzelne Tätigkeiten, ohne dass dem Rechtsanwalt sonst die Verteidigung oder Vertretung übertragen ist. Der Verteidiger sei hier jedoch nicht nur "für den Termin" mit einer einzelnen Tätigkeit i.S.d. Vorbem. 4.3 Abs. 1 VV beauftragt, sondern ihm sei vielmehr eine Vollverteidigung übertragen worden. Die Tätigkeit im Rahmen des Vorführtermins erschöpfe sich nämlich nicht alleine in der insofern in Betracht zu ziehenden Betätigung nach Nr. 4301 Nr. 4 VV (Beistandsleistung für den Beschuldigten im Rahmen einer richterlichen Vernehmung). Die richterliche Vernehmung sei zwar gem. § 115 Abs. 2 StPO Teil einer Eröffnung eines Haftbefehls, diese gehe jedoch darüber hinaus. Vorliegend sei eine Erstberatung noch nicht erfolgt gewesen. Daher sei – unabhängig von der später erfolgten Beiordnung eines anderen Verteidigers – eine umfassende Beratung zur Verteidigungsstrategie im Termin zur Vorführung nach § 115 StPO zwingend geboten. So sei z.B. bereits zu diesem Zeitpunkt zu entscheiden gewesen, ob sich durch eine Einlassung ein dringender Tatverdacht ausräumen lasse oder sich eine (geständige) Einlassung auf die Frage einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls auswirken könne. Die gewählte Vorgehensweise könne sich ggf. bestimmend für das Verteidigungsverhalten im weiteren Verfahrensverlauf auswirken. Dies gelte ebenso für die Frage der Beratung zu einer drohenden Einziehung.
Diesen Gegebenheiten werde bei bislang noch nicht erfolgter Erstberatung trotz zeitlicher Beschränkung der Aufgabenwahrnehmung nur durch eine volle Pflichtverteidigung Rechnung getragen (vgl. auch BeckOK RVG/K. Sommerfeldt/T. Sommerfeldt, 64. Ed., § 48 Rn 121). Durch die Beiordnung eines Verteidigers für die Wahrnehmung eines Termins werde daher ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen habe.
3. Alle Gebühren
Daraus folge, wie das LG zutreffend ausgeführt habe: Die Grundgebühr nebst Haftzuschlag (Vorbem. 4 Abs. 4 VV) gem. Nr. 4101 VV decke die erforderliche Einarbeitung in den Fall ab, daneben falle die Verfahrensgebühr Nr. 4105 VV an. Der Vorführungstermin zur Verkündung des Haftbefehls gem.§ 115 StPO erfüllt ohne Weiteres die Voraussetzungen von Nrn. 4102 Nr. 3, 4103 VV, wonach die Terminsgebühr mit Zuschlag für die Teilnahme an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung anfalle, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft verhandelt wird. Gleiches gelte – im Hinblick auf die drohende Einziehung – gem. Nr. 4142 VV. Etwas anderes lasse sich auch nicht aus dem Gebührentatbestand der Nr. 4301 Nr. 4 VV herleiten. Dieser regele die Vergütung für die Beistandsleistung für den Beschuldigten bei ein...