1. Gesetzliche Grundlagen
Gem. § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszuges den Gegenstandswert auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Streitwert richten oder es an einem solchen Wert fehlt. Über einen solchen Antrag hat auch beim BGH gem. § 33 Abs. 8 S. 1 Hs. 1 RVG der Einzelrichter zu entscheiden (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, AGS 2021, 471 [Hansens] = zfs 2021, 642 m. Anm. Hansens).
2. Bestimmung des Gegenstandswertes
Nach Auffassung der Einzelrichterin des BGH, die über die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers entschieden hat, bestimmt sich der Gegenstandswert für einen Antrag des Schuldners nach § 1115 ZPO i.V.m. Art. 45 Abs. 4 und Art. 47 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO, die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung zu versagen, nach § 25 Abs. 2 RVG. Dabei sei das Interesse des Schuldners nach billigem Ermessen in der Regel nach dem Wert der titulierten Forderung zu bestimmen. Dies gilt nach Auffassung des BGH sowohl für den Antrag, der die Anerkennung oder Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung begehrt, als auch für den Antrag des Schuldners auf Versagung dieser Anerkennung.
Im Verfahren auf Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung sei Antragsteller der Schuldner der titulierten Forderung. Dies hat nach den weiteren Ausführungen des BGH zur Folge, dass sich der Wert nach dem Umfang des erstrebten Ausschlusses der Zwangsvollstreckung aus dem ausländischen Titel in Deutschland bestimme. Dabei werde sich das nach § 25 Abs. 2 RVG zu berücksichtigende Interesse des Antragstellers auf den Ausschluss der Zwangsvollstreckung regelmäßig auf die gesamte titulierte Forderung beziehen. Dies habe zur Folge, dass der Gegenstandswert in entsprechender Höhe festgesetzt werden könne.
Eine hiervon abweichende, niedrigere Wertfestsetzung kann nach den weiteren Ausführungen des BGH im Ausnahmefall jedoch dann geboten sein, wenn es lediglich um die Abwehr einstweiliger Maßnahmen geht oder wenn eine titulierte Forderung aufgrund ihrer Höhe nicht ernstlich durchsetzbar erscheint. Dies gelte auch im Rechtsmittelverfahren über den Antrag des Schuldners nach § 1115 ZPO i.V.m. Art. 45, 46 Brüssel-Ia-Verordnung. In einem solchen Rechtsmittelverfahren sei nach der allgemeinen Wertvorschrift in § 23 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2 RVG der Gegenstandswert ebenfalls nach dem Interesse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Nach "nochmaliger Prüfung" – so führt die Einzelrichterin des IX. ZS des BGH fort – habe der "Senat" wegen der Besonderheiten des Streitfalls die Festsetzung des Gegenstandswertes auf 1/10tel der geltend gemachten Hauptforderung weiterhin als angemessen angesehen. Demgegenüber komme die Festsetzung auf den vollen Betrag der Hauptsacheforderung nicht in Betracht. Entscheidend für den BGH war es, welchen Umfang und welche Auswirkungen die Vollstreckungsmaßnahmen haben, gegen die sich der Schuldner zur Wehr gesetzt hat. Dabei habe der Senat zum Einen berücksichtigt, dass der streitgegenständliche lettische Titel nicht auf eine endgültige Befriedigung der lettischen Bank gerichtet sei, sondern lediglich eine einstweilige Sicherungsmaßnahme entsprechend dem Arrest nach deutschem Recht für das Vermögen des Schuldners in Deutschland angeordnet habe. Diese Eilmaßnahme habe damit nur vorläufigen Charakter gehabt. Bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses des Schuldners an der Abwehr des Vollstreckungstitels sei auch seine konkrete wirtschaftliche Situation in den Blick zu nehmen. Folglich seien die Beträge, deren Durchsetzbarkeit gegen ihn nicht ernstlich in Betracht komme, unberücksichtigt geblieben. Es müsse somit berücksichtigt werden, dass das Interesse des Schuldners an der Abwehr der Vollstreckungsmaßnahme nicht weitergehen könne, als Vermögenswerte vorhanden seien, auf die im Wege der Vollstreckung zugegriffen werden könne (BGH AGS 2018, 558 für die Abwehr eines dinglichen Arrestes).
Hierzu habe der Schuldner vorgetragen, dass von den laufenden Vollstreckungsmaßnahmen seine Pensionsansprüche i.H.v. 57.000,00 EUR jährlich betroffen einen. Außerdem sei eine Sicherungshypothek in das Grundbuch für das Grundstück des Antragstellers eingetragen.
Nach den weiteren Ausführungen des BGH kommt eine Festsetzung des Gegenstandswertes auf einen Bruchteil von 1/5 bis 1/2 der Hauptsacheforderung, wie dies weitgehend für Vollstreckungsschutzanträge des Schuldners angenommen werde, nicht in Betracht. In diesem Verfahren sei es nämlich um die endgültige Abwehr von Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des lettischen Titels gegangen, während es bei Vollstreckungsschutzanträgen um den zeitweiligen Aufschub der Vollstreckung einer titulierten Forderung gehe.
Eine Herabsetzung des Gegenstandswertes auf 57.000,00 EUR entsprechend der Anregung des Antragstellers schied nach Auffassung des BGH ebenfalls aus. Auf den einfachen Jahresbetrag ...