1. Verfahrensrechtliches
Die Entscheidung der Einzelrichterin des Senats über die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zeigt, dass auch BGH-Richter mit den Besonderheiten bei der Festsetzung des Gegenstandswertes nicht so recht vertraut sind.
In seiner Hauptsacheentscheidung hat der IX. ZS des BGH in voller Besetzung den "Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens" auf 3.146.899,00 EUR festgesetzt, was einem Zehntel der Gesamtforderung entsprochen hat. Die Einzelrichterin des IX. ZS des BGH ist in ihrem die Gegenvorstellung zurückweisenden Beschl. v. 28.2.2024 davon ausgegangen, dass der Senat damit den Gegenstandswert festgesetzt hat. Das ist hier aus mehreren Gesichtspunkten fraglich. Zum einen hatte keiner der Antragsberechtigten (s. § 33 Abs. 2 S. 2 RVG) einen entsprechenden Antrag gestellt. Zum anderen enthält die Entscheidung keinen Hinweis darauf, dass der Senat den Gegenstandswert festgesetzt hat. Außerdem hätte dann der Gegenstandswert für den jeweiligen Antragsteller und nicht allgemein festgesetzt werden müssen. Und schließlich wäre hierfür nach der eingangs zitierten Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen nicht der Senat in voller Besetzung, sondern gem. § 33 Abs. 8 S. 2 RVG der Einzelrichter zuständig gewesen.
I.Ü. hatte hier die Einzelrichterin des IX. ZS des BGH nicht problematisiert, ob über zur Entscheidung über eine Gegenvorstellung gegen eine Senatsentscheidung der Einzelrichter überhaupt zuständig war, was ich bezweifele. Immerhin hat die Einzelrichterin in ihrem Beschl. v. 28.2.2024 mehrfach ausgeführt, ihre Entscheidung sei der Senatsentscheidung gleichzustellen ("nach nochmaliger Prüfung erachtet der Senat …"). Die Einzelrichterin hat auch mit keinem Wort erörtert, ob die Festsetzung des "Wertes des Rechtsbeschwerdeverfahrens", die die Einzelrichterin als Festsetzung des Gegenstandswertes angesehen hat, rechtmäßig war, weil hierüber nicht der gesetzliche Richter, nämlich der Einzelrichter, sondern der Senat in voller Besetzung entschieden hat.
Richtigerweise hätte die Einzelrichterin des BGH die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers als – erstmaligen – Antrag des Rechtsanwalts auf Festsetzung des Gegenstandswertes ansehen müssen.
Dieses "Kuddelmuddel" ist nur entstanden, weil die Kollegen beim IX. ZS des BGH oder die Einzelrichterin mit den Voraussetzungen für die Festsetzung des Gegenstandswertes offensichtlich nicht so vertraut waren.
2. Bestimmung des Gegenstandswertes
Eine Festsetzung des Gegenstandswertes oder die Bestätigung einer solchen Feststellung im Rahmen einer Gegenvorstellung kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Streitwert bestimmen. Dazu vermisse ich jegliche Ausführungen des BGH.
Der Sache nach verstehe ich die Argumentation der Berichterstatterin zu der Frage nicht, warum der Gegenstandswert nur auf ein Zehntel der von der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen betroffenen Forderung festzusetzen ist. Gerade weil es um die endgültige Abwehr der Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund der einstweiligen Sicherungsanordnungen in dem ausländischen Titel geht, müsste das Interesse des Schuldners höher zu bewerten sein als bei Vollstreckungsschutzanträgen, bei denen es lediglich um den zeitweiligen Aufschub der Vollstreckung der titulierten Forderung geht. Bei solchen Vollstreckungsschutzanträgen sieht die Rspr. einen Bruchteil von einem Fünftel bis zur Hälfe der Hauptsacheforderung vor. Dies rechtfertigt es m.E., den Gegenstandswert mindestens mit einem gleich hohen Bruchteil festzusetzen und nicht nur mit einem Zehntel der Hauptsacheforderung.
Soweit die Berichterstatterin des IX. ZS des BGH darauf abstellt, das Interesse des Schuldners an der endgültigen Abwehr der Vollstreckungsmaßnahmen könne nicht weiter gehen, als Vermögenswerte vorhanden seien, vermisse ich Ausführungen dazu, welchen Wert das Grundstück hat, für das die Sicherungshypothek eingetragen worden ist.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 8/2024, S. 382 - 384