RVG § 11; RVG VV Nrn. 2300 ff.; VwGO §§ 68 ff.
Leitsatz
- Zur gesetzlichen Vergütung nach § 11 Abs. 1 RVG gehören im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch die Gebühren und Auslagen eines nach §§ 68 ff. VwGO erforderlichen Vorverfahrens, soweit sich dem Vorverfahren ein Hauptsacheverfahren angeschlossen hat.
- Im Vergütungsfestsetzungsverfahren gilt dies unabhängig davon, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten gem. § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig erklärt wurde.
- Beantragt der Antragsteller bei Rahmengebühren (hier die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV) weder die Festsetzung der Mindestgebühr noch legt er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nach § 11 Abs. 8 RVG vor, ist die Festsetzung insoweit jedoch abzulehnen.
Hessischer VGH, Beschl. v. 9.7.2010–5 E 1048/10
Sachverhalt
Der antragstellende Anwalt begehrte die Vergütungsfestsetzung gegen seinen Mandanten für ein gerichtliches Verfahren vor dem VG. Dabei beantragte der Antragsteller neben der Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV u.a. auch eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV in Höhe von 1,3, die er gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV kürzte.
Der Kostenbeamte setzte die Geschäftsgebühr ab, da im Verfahren nach § 11 RVG nur Kosten des gerichtlichen Verfahrens festzusetzen seien.
Die Erinnerung des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschlusses wies das VG zurück. Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde erhoben, der das VG nicht abgeholfen hat.
Die Beschwerde hatte im Ergebnis keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern, da die Entscheidungszuweisung an den Einzelrichter nach Maßgabe des § 66 Abs. 6 S. 1 GKG nicht anwendbar ist (Hessischer VGH, Beschl. v. 24.7.2009–6 E 856/09, LKRZ 2009, 415 m. w. Nachw.).
Die Beschwerde ist gem. § 11 Abs. 3 S. 2 RVG, §§ 165, 151 VwGO zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn der Kostenbeamte hat von dem Vergütungsfestsetzungsantrag des Antragstellers im Ergebnis zutreffend die nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV reduzierte Geschäftsgebühr abgesetzt.
Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 RVG werden die gesetzliche Vergütung und die zu ersetzenden Aufwendungen, soweit sie zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch die Gebühren und Auslagen eines nach §§ 68 ff. VwGO erforderlichen Vorverfahrens, soweit sich dem Vorverfahren ein Hauptsacheverfahren angeschlossen hat (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl. 2006, § 11 Rn 78 ff. m. w. Nachw.). Entgegen der Auffassung des VG setzt dies im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht voraus, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gem. § 162 Abs. 1 und 2 VwGO für notwendig erklärt wurde. Denn maßgeblich für den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten ist allein der Inhalt des Auftragsverhältnisses. Insoweit unterscheidet sich das Vergütungsfestsetzungsverfahren vom Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO, das die Erstattungsfähigkeit lediglich der notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung zum Gegenstand hat.
Die Absetzung der reduzierten Geschäftsgebühr ist im Ergebnis zu Recht erfolgt, denn eine Festsetzung im vorliegenden Vergütungsfestsetzungsverfahren widerspräche § 11 Abs. 8 RVG. Nach S. 1 dieser Vorschrift gelten die Abs. 1 bis 7 bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der geltend gemachten Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt (§ 11 Abs. 8 S. 2 RVG). Bei der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV handelt es sich um eine Rahmengebühr von 0,5 bis 2,5. Da der Antragsteller weder lediglich die Mindestgebühr geltend gemacht hat noch eine Zustimmungserklärung des Auftraggebers hinsichtlich der geltend gemachten Gebührenhöhe mit dem Festsetzungsantrag vorgelegt hat, war die entsprechende Absetzung vorzunehmen.