RVG VV Nr. 3104; Vorbem. 3 Abs. 3; RVG §§ 48, 55
Leitsatz
- Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Sorgerechtsverfahren erstreckt sich nicht auf eine in diesem Verfahren getroffene Umgangsregelung.
- Sofern Prozesskostenhilfe "für den Vergleich" bewilligt wird, ist davon die anwaltliche Terminsgebühr nicht umfasst.
KG, Beschl. v. 3.6.2009–19 WF 40/09
Aus den Gründen
Der Beschwerdeführerin steht ein Anspruch auf Vergütung einer Terminsgebühr nach dem Wert des Verfahrensgegenstands Umgang nicht zu. Dieser war zunächst nicht Gegenstand des Verfahrens, so dass sich die ursprüngliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht auf diesen Gegenstand beziehen konnte. Die Regelung des Umgangs stellt einen anderen Verfahrensgegenstand als das Sorgerecht dar (vgl. nur Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 15. Aufl., § 122 Rn 40; OLG Düsseldorf JurBüro 1980, 1543 mit zust. Anm. Mümmler). Der Ergänzungsbeschluss, mit dem Prozesskostenhilfebewilligung und Beiordnung entsprechend dieser Rechtslage ergänzend auf "die getroffene Vereinbarung zum Umgang" erstreckt wurden, rechtfertigt die Erstattung der im Beschwerdeverfahren allein noch streitigen Terminsgebühr nach dem Wert des Gegenstands Umgang nicht. Von einer Prozesskostenhilfebewilligung "für einen Vergleich" oder "für eine Einigung" wird eine Terminsgebühr nicht erfasst (so zutreffend OLG Saarbrücken OLGR 2006, 750 [= AGS 2008, 35]; OLG Bamberg JurBüro 1990, 203; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 18. Aufl., § 48 Rn 120; a.A. OLG Köln FamRZ 2008, 707 [= AGS 2007, 547]; OLG Koblenz FamRZ 2006, 1691 [= AGS 2006, 349]).
Für den Fall, dass im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren für den Abschluss eines Vergleichs ausnahmsweise Prozesskostenhilfe bewilligt wird, ist anerkannt, dass Bewilligung und Beiordnung nicht die Terminsgebühr umfassen (BGH NJW 2004, 2595 [= AGS 2004, 349] für Erörterungsgebühr nach § 31 BRAGO; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 18. Aufl., VV 3335 Rn 31 f.). Eine unterschiedliche Behandlung einer entsprechenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist nicht gerechtfertigt (so zutreffend Mümmler, JurBüro 1990, 203; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 18. Aufl., § 48 Rn 120; a.A. OLG Koblenz FamRZ 2006, 1691 [= AGS 2006, 349]).
Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass ihr bei Durchführung von zwei Verfahren und gemeinsamer Verhandlung mit Einigung eine Terminsgebühr auch nach dem Wert des Umgangsverfahrens zu gewähren wäre, rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Prozesskostenhilfe soll nach ihrem Sinn und Zweck der minderbemittelten Partei ermöglichen, ihr Recht vor Gericht zu verfolgen, sich in einem Rechtsstreit zu verteidigen oder sonst ihre Interessen zu vertreten. Sie dient aber nicht dazu, eine Partei – oder ihren Verfahrensbevollmächtigten – für ihren Verzicht auf ein (weiteres) streitiges Verfahren (mit einem Kostenerstattungsanspruch) zu "belohnen" (BGH NJW 2004, 2595 [= AGS 2004, 349]).
Anmerkung
I. Zu Leitsatz 1
Die Entscheidung ist insoweit zutreffend. Schließen die Parteien einen Vergleich oder eine Einigung, in die sie auch weitere nicht anhängige Gegenstände einbeziehen, erstreckt sich eine bislang bewilligte Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nicht ohne Weiteres auf den Mehrwert. Es bedarf grundsätzlich einer Erstreckung durch gesonderten Beschluss. Daher ist unbedingt darauf zu achten, dass vor Abschluss des Vergleichs beantragt wird, die in der Hauptsache bewilligte Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe auf den Mehrwert des Vergleichs zu erstrecken.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur in Ehesachen nach § 48 Abs. 3 RVG. Ist der Anwalt in der Ehesache beigeordnet worden, dann erstreckt sich die bewilligte Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe – ohne dass es eines weiteren Beschlusses bedarf – auch auf eine Einigung, die
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den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten, |
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den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander, |
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die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, |
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die Regelung des Umgangs mit einem Kind, |
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die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen oder |
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die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht |
betrifft.
Diese Regelung gilt aber ausschließlich für Ehesachen und ist auf sonstige Familiensachen nicht übertragbar. Insbesondere kann sie nicht auf eine Kindschaftssache übertragen werden, mit der Folge, dass eine Einigung über weitere Kindschaftssachen ebenfalls von der Verfahrenskostenhilfe gedeckt sei.
Auch in der Ehesache ist die Erstreckungswirkung des § 48 Abs. 3 RVG auf die ausdrücklich aufgeführten Fälle beschränkt. Es handelt sich im Wesentlichen um mögliche Folgesachen. Gedeckt sind aber auch Einigungen über die betreffenden Gegenstände, wenn sie nicht Folgesache sein könnten. So ist z.B. auch eine Einigung über den Trennungsunterhalt noch von § 48 Abs. 3 RVG gedeckt.
Einigungen mit Mehrwert über sonstige Gegenstände, etwa Gesamtschuldnerausgleich, steuerliche Veranlagung, Verteilung des Steuerrückerstattungsanspruchs etc. sind dagegen auch hier nicht gedeckt. Auch insoweit bedarf es dann in der Ehesac...