ZPO §§ 567 Abs. 2, 574 Abs. 3 S. 2
Leitsatz
Übersteigt der Wert des Gegenstands einer Beschwerde gegen die Entscheidung über die Kosten 200,00 EUR nicht, ist dem Rechtsbeschwerdegericht trotz Zulassung der Rechtsbeschwerde eine Entscheidung in der Sache im Hinblick auf den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verwehrt.
BGH, Beschl. v. 22.6.2010 – VI ZB 10/10
Sachverhalt
Die Parteien streiten darüber, ob die 1,3-Verfahrensgebühr für die im Streit über die Hauptsache tätigen Prozessbevollmächtigten des Klägers im Kostenfestsetzungsverfahren in voller Höhe zu berücksichtigen ist.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV beantragt. Der Rechtspfleger hat die Geschäftsgebühr im Hinblick auf die Regelung in der Vorbem. 3 Abs. 4 VV in Höhe von 0,65 auf die Verfahrensgebühr angerechnet. Hierdurch wird der Kläger im Hinblick auf die Kostentragungsquote der Beklagten von 1/3 in Höhe von 195,43 EUR mit Mehrwertsteuer beschwert. Dagegen hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt. Der Rechtspfleger des LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Das OLG hat das Rechtsmittel zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen, mit welcher der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.
Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil der erforderliche Beschwerdewert nicht erreicht ist. Daran ändert auch die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das OLG nichts (vgl. etwa BGHZ 159, 14; 154, 102 ff. für Arrest und einstweilige Verfügung; Beschl. v. 1.10.2002 – IX ZB 271/02, VersR 2004, 488; v. 17.10.2002 – IX ZB 303/02, NJW 2003, 69 u. v. 11.9.2008 – I ZB 36/07, MDR 2009, 45 ff.).
Gem. § 567 Abs. 2 ZPO ist die Beschwerde gegen Entscheidungen über Kosten nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt. Das Beschwerdegericht hat den Beschwerdewert im Hinblick auf die Kostenquote der Beklagten von 1/3 zutreffend auf 195,43 EUR festgesetzt. Dagegen haben auch die Parteien keine Einwendungen erhoben. Danach war bereits die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG nicht zulässig. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ist vom Senat – von Amts wegen – zu überprüfen; denn ein gültiges und rechtswirksames Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht ist nur möglich, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig beendet ist (vgl. BGHZ 102, 37, 38; BGH, Beschl. v. 23.10.2003 – IX ZB 369/02, NJW 2004, 1112 m.w.Nachw.).
Eine Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Zulassung gem. § 574 Abs. 3 S. 2 ZPO besteht nicht, weil eine Entscheidung, die vom Gesetz der Anfechtung entzogen ist, auch bei – irriger – Rechtsmittelzulassung unanfechtbar bleibt (vgl. Senat, Beschl. v. 9.2.2010 – VI ZB 59/09). Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung umfasst bei der Rechtsbeschwerde ebenso wie bei der Revision nur die Bejahung der in den §§ 574 Abs. 3 S. 1 und 543 Abs. 2 S. 1 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen (vgl. BT-Drucks 14/4722, S. 105, 116; Zöller/Heßler ZPO, 28. Aufl., § 574 Rn 15). Die Zulassung des Rechtsmittels kann dagegen nicht dazu führen, dass dadurch ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Berufungsgericht ist aber für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden (BGHZ 159, 14 a.a.O. m.w.Nachw.). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war.
Der Beschluss des LG war zwar mit der Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG anfechtbar. Jedoch hatte der Rechtspfleger, nachdem er der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, die Akten nicht dem OLG, sondern dem zuständigen Richter des LG zur Entscheidung vorzulegen. Das OLG war mangels Eröffnung der Beschwerdeinstanz nicht zur Entscheidung befugt. Aus dieser auch für die Rechtsbeschwerde geltenden Erwägung der Unzulässigkeit des Rechtsmittels ist es in gleicher Weise dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht verwehrt, die Entscheidung des OLG aufzuheben und die Sache an den Einzelrichter des LG zur Entscheidung über die Erinnerung zurückzuverweisen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.10.2005 – II ZB 4/05, NJW-RR 2006, 286).