RVG VV Nrn. 4201 ff.
Leitsatz
Zwei Widerrufsverfahren wegen der gleichen Bewährung sind zwei Angelegenheiten
LG Magdeburg, Beschl. v. 22.12.2009–22 BRs 353 Js 2325/08 (16/08)
Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft beantragte erstmals am 10.3.2009 den Widerruf der dem Verurteilten gewährten Strafaussetzung zur Bewährung, woraufhin die Kammer dem Verurteilten Rechtsanwalt F als Pflichtverteidiger für das Verfahren über den Bewährungswiderrufsantrag der Staatsanwaltschaft Magdeburg gem. § 140 Abs. 2 S. 1 StPO analog beiordnete.
Nach der Anhörung des Verurteilten nahm die Staatsanwaltschaft den Widerrufsantrag zurück.
Am 6.5.2009 beantragte der Verteidiger seine Gebühren festzusetzen, die antragsgemäß festgesetzt wurden.
Die Staatsanwaltschaft beantragte am 18.6.2009 erneut, die dem Verurteilten gewährte Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen.
Daraufhin hörte die Kammer den Verurteilten zu diesem erneuten Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft an und entsprach dem Antrag des Verteidigers, dem Verurteilten erneut als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden. Am 12.8.2009 widerrief die Kammer die dem Verurteilten gewährte Strafaussetzung zur Bewährung.
Die Rechtspflegerin setzte daraufhin die dem Verteidiger zu zahlenden Gebühren und Auslagen für dieses Verfahren auf 282,57 EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die beantragten Gebühren und Auslagen gem. Nrn. 4201, 4203 u. 7002 VV abzusetzen gewesen seien. Bei dem Vollstreckungsverfahren handele es sich um eine Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG. Die Gebühren seien daher bereits am 8.6.2009 erschöpfend festgesetzt worden.
Die Erinnerung des Verteidigers hatte Erfolg.
Aus den Gründen
Soweit die Rechtspflegerin ausführte, es handele sich bei dem gesamten Strafvollstreckungsverfahren um eine Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 1, Abs. 2 RVG, ist dies zwar zutreffend, sie übersieht jedoch, dass es sich um zwei Widerrufsverfahren vor der Kammer handelte. Das erste Widerrufsverfahren wurde durch den Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft v. 10.3.2009 initiiert.
Ein weiteres Widerrufsverfahren wurde eingeleitet durch den Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft Magdeburg vom 18.6.2009, das durch den Widerrufsbeschluss der Kammer vom 12.8.2009 beendet wurde. Folgerichtig bestellte die Kammer auch erneut einen Verteidiger für die Durchführung des Bewährungswiderrufsverfahrens. Es handelt sich mithin nicht um eine Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 1, Abs. 2 RVG.
Anderes ergibt sich auch nicht aus den genannten Entscheidungen des KG v. 26.5.2006 (5 Ws 258/06), des OLG Hamm v. 13.8.2007 (2 (s) Sbd X – 111/07, 2 (s) Sbd IX – 111/07) sowie der Entscheidung des LG Osnabrück v. 5.12.2006 (13 StVK 181/06 B, 13 StVK 181/06).
Diese Entscheidungen verhalten sich jeweils nur bezüglich der Terminsgebühr nach Nrn. 4202 und 4203 VV, die auch wenn mehrere Anhörungstermine stattfinden jeweils nur einmal zu gewähren ist, weil die Terminsgebühr im Strafvollstreckungsverfahren nur einmal entstehe, was unter Hinweis auf Vorbem. 4 Abs. 3 VV begründet wird. So ergibt sich insbesondere aus der Entscheidung des KG v. 26.5.2006 (5 Ws 258/06), dass eine Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 1 RVG mit der Rechtskraft der Entscheidung (in jenem Falle über die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) endet. Die Ausführungen beziehen sich nur darauf, dass die jeweiligen Gebühren im Rahmen desselben Überprüfungsverfahrens nur einmal entstehen.