Der Fall
Der Anwalt hatte für seinen Mandanten ein Urteil gegen den Beklagten auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme erwirkt. Nach Einleitung der Zwangsvollstreckung schlossen die Parteien einen Ratenzahlungsvergleich, wonach sich der Schuldner verpflichtete, die titulierte Forderung in monatlichen Raten zu begleichen. Nachdem der Schuldner zwölf Raten gezahlt hatte, fragte er beim Anwalt des Gläubigers an, ob der Gläubiger bereit sei, gegen sofortige Zahlung einer Abstandssumme auf die Restforderung zu verzichten. Daraufhin wurde unter Mitwirkung es Anwalts eine entsprechende Vereinbarung geschlossen.
Welche Vergütung steht dem Anwalt des Gläubigers zu?
I. Zwangsvollstreckung mit Ratenzahlungsvergleich
Zunächst einmal war der Anwalt mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragt. Diese Tätigkeit stellt gegenüber dem vorangegangenen gerichtlichen Verfahren gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG eine gesonderte Angelegenheit dar.
Der Anwalt erhält für die Zwangsvollstreckung eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV.
Maßgebender Gegenstandswert ist der Wert der Forderung einschließlich der bis dahin aufgelaufenen Zinsen und Kosten (§ 25 Nr. 1 RVG).
Durch den Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung ist ferner eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV entstanden. Da ein Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher anhängig war, ist nur die nach Nr. 1003 VV auf 1,0 ermäßigte Einigungsgebühr angefallen (Anm. Abs. 1 S. 2 zu Nr. 1003 VV).
Dass sich der Schuldner letztlich bereit erklärt hat, die gesamte Forderung einschließlich Zinsen und Kosten zu zahlen, ist insoweit unerheblich. Es liegt kein Anerkenntnis i.S.d. Anm. zu Nr. 1000 VV vor. Der Gläubiger hat nämlich nachgegeben, indem er nicht auf die sofortige Zahlung seiner fälligen Forderung bestanden, sondern sich mit einer Ratenzahlung einverstanden erklärt hat. Ein solches einseitiges Nachgeben reicht nach zutreffender Auffassung aus.
II. Abfindungsvergleich
Mit dem Abschluss des Vergleichs war die Vollstreckungsangelegenheit beendet, da bereits der Abschluss eines Vergleichs zur Erledigung führt. Dass weiterhin Raten zu zahlen waren, ist insoweit unerheblich, da es nicht auf die Erfüllung der vergleichsweise übernommenen Leistungen ankommt.
Die spätere Vereinbarung, eine Abfindungssumme zu zahlen, konnte also nicht mehr zu dieser Vollstreckungsangelegenheit gehören, sondern stellte eine neue selbstständige Angelegenheit dar.
Insoweit fragt man sich allerdings, ob es sich um eine Vollstreckungstätigkeit oder um eine außergerichtliche Vertretung handelt.
Für eine Vollstreckungstätigkeit scheint zunächst zu sprechen, dass die Parteien die Abgeltung einer titulierten Forderung vereinbart haben. Dies greift jedoch zu kurz. Eine Zwangsvollstreckung stand nicht im Raum. Nachdem die Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden war und der Schuldner sich auch an die Ratenzahlung gehalten hatte, wäre mangels Fälligkeit der Titel nicht zu vollstrecken gewesen. Der Gläubiger hatte auch zu keinem Zeitpunkt die Absicht, erneut die Zwangsvollstreckung einzuleiten.
Dem Schuldner ging es auch nicht darum, Vollstreckungsmaßnahmen abzuwehren; ihm ging es vielmehr darum, die zugrunde liegende Forderung durch einen Teilerlass zu reduzieren. Es ging in der Sache also nicht um vollstreckungsrechtliche Fragen, sondern vielmehr um eine "Umgestaltung" der zugrunde liegenden Forderungen.
Insoweit hat der BGH in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass von einer Geschäftsgebühr auszugehen ist, nämlich dann, wenn sich ein Schuldner zwar gegen eine titulierte Forderung wehrt, aber nicht mit vollstreckungsrechtlichen Einwänden, sondern mit materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Forderung. Um einen solchen Fall handelt es sich hier, auch wenn – im Gegensatz zur Entscheidung des BGH – die materiell-rechtlichen Einwendungen erst durch einen Teilerlassvertrag geschaffen werden sollten.
Zutreffend ist daher von einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV auszugehen.
Der Gegenstandswert richtet sich jetzt auch nicht nach § 25 Nr. 1 RVG, sondern nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i.V.m. § 18 Abs. 2 S. 1 KostO, also nach dem Wert der dann noch offenen Hauptforderung ohne Zinsen und Kosten (§ 18 Abs. 2 S. 2 KostO).
Hinzu kommt eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV. Beide Vertragsparteien haben nachgegeben. Der Gläubiger hat nachgegeben, indem er auf einen Teil seiner Forderung verzichtet hat. Der Schuldner hat nachgegeben, indem er den Restbetrag sofort gezahlt hat und nicht – wie zuletzt vereinbart – in monatlichen Raten.
Da die zugrunde liegende Forderung nicht mehr anhängig war, ist die Einigungsgebühr in Höhe von 1,5 angefallen.
III. Kostenerstattung
Hinsichtlich der Kostenerstattung ist Folgendes zu beachten:
Die 0,3-Verfahrensgebühr für die erste Vollstreckungsmaßnahme ist...